Oktober 2002
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Softwarefehler bei O2 sorgt für Abhörskandal mit überhöhten Rechnungen
Ein Sprecher der Telefongesellschaft O2 bestätigte am Donnerstag in München einen Bericht der "Frankfurter Rundschau" vom Donnerstag, wonach Anschlüsse abgehört worden waren und die Belauschten dafür versehentlich zur Kasse gebeten wurden. Die Betroffenen hätten von O2 im Monat Oktober ungewöhnliche Rechnungen erhalten. Opfer der Telefonüberwachungspanne bei O2 können sich an eine Hotline wenden und bekommen unberechtigt erhobene Beträge erstattet.
Jüdische Kinderbücher aus 188 Jahren
Eine Ausstellung jüdischer Kinderbücher, die zwischen 1750 und 1938 in Deutschland erschienen sind, zeigt die Berliner Staatsbibliothek ab 14. November. 250 Fibeln, Kinderkalender, Erzählungen und religiöse Schriften geben Einblick in Bildung und Erziehung jüdischer Kinder in der Zeit der Aufklärung bis zur Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung in Europa, teilte die Bibliothek am Mittwoch in Berlin mit.
Internationale Firma verurteilt - Verfahren gegen deutsches Unternehmen läuft
In einem aufsehenerregenden Prozess verurteilte der oberste Gerichtshof von Lesotho am Montag die kanadische Ingenieur- und Beratungsfirma Acres International zu einer Geldstrafe von 2,1 Millionen US-Dollar. Das Gericht befand Acres der Zahlung von Bestechungsgeldern für schuldig, um sich lukrative Verträge beim Bau des Lesotho Highlands Water Projects (LHWP) zu verschaffen. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Strafe von vier Millionen US-Dollar gefordert, da Acres sonst mit der Bestechung immer noch einen Gewinn gemacht hätte.
Blitzschneller Computertomograph diagnostiziert an der Berliner Charité
Der Mensch ist nun in Windeseile zu durchschauen. Der nach Hersteller-Angaben weltweit schnellste Computertomograph (CT) Aquilion 16 erfasst den Körper statt wie bisher in 8 nun in 16 Schichten. Einer dieser Tomographen steht jetzt im Institut für Radiologie der Berliner Charité, wie dessen Chef Bernd Hamm am Montag in Berlin sagte. Damit installierte die Herstellerfirma Toshiba das erste dieser blitzschnellen Geräte an einem Standort außerhalb Japans. Die Kürze des Aufnahmezyklus von Sekunden mit Bildern von einzigartiger Genauigkeit komme insbesondere Notfall-Patienten zugute. Die schnelle Diagnose spart in akuten Fällen lebenswichtige Zeit. Innere Blutungen werden sofort erkannt.
Erweiterte Ökobilanz für Getränkeverpackungen bestätigt Mehrweg-Vorteile
Mehrwegflaschen, ganz gleich ob aus Kunststoff oder aus Glas, haben aus Umweltsicht deutliche Vorteile gegenüber Getränkedosen und Einwegflaschen aus Glas oder Kunststoff. Getränkekartons haben keine entscheidenden Umwelt-Nachteile gegenüber Mehrwegverpackungen. Das sind die klaren Aussagen der zweiten Untersuchungsphase der Ökobilanz für Getränkeverpackungen, die das Umweltbundesamt (UBA) jetzt veröffentlicht hat. Die neue Studie bekräftigt Ergebnisse der ersten Phase aus dem Jahr 2000, bringt aber auch eine Fülle neuer Erkenntnisse. "Die erweiterte Ökobilanz zeigt, dass in allen Verpackungssystemen noch Verbesserungen möglich sind", sagte der Präsident des UBA, Andreas Troge. Das gelte für Einweg, aber noch stärker bei Mehrweg. Obwohl Einwegverpackungen in den vergangenen Jahren umweltverträglicher geworden seien und die neuen UBA-Berechnungen weitere innovativ erscheinende Verpackungssysteme und zukünftig abzusehende Trends auf dem Verpackungsmarkt berücksichtigt haben, bleiben Mehrwegverpackungen nach Ansicht des UBA auf jeden Fall die bessere Wahl.
Bundesweit Demonstrationen gegen Irak-Krieg
Gegen einen Irak-Krieg wollen bundesweit Tausende Anhänger der Friedensbewegung am Samstag protestieren. Die Demonstrationen im Rahmen eines weltweiten Aktionstages richten sich besonders an die Bundesregierung, ihr Wahlversprechen zu halten und einem militärischen Einsatz der USA die Unterstützung zu verweigern. Die Veranstalter rechnen für die Demo in Berlin mit rund 30 000 Teilnehmern. Nach ihren Angaben sind am selben Tag in 70 deutschen Städten Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen geplant.
Mehr als 14 Millionen Menschen hungern im südlichen Afrika
Die Ernährungslage im südlichen Afrika ist nach wie vor kritisch. Jüngsten UN-Schätzungen zufolge sind bis zum Frühjahr kommenden Jahres mehr als 14 Millionen Menschen in sieben Ländern von der Katastrophe betroffen. Angesichts der sich verschärfenden Lage muss die Hilfe nach Ansicht von Hilfsorganisationen jedoch ausgeweitet werden.
Ein Forum für junge Talente
Die 36. Internationalen Hofer Filmtage stehen bis Sonntag im Zeichen des deutschen Film. Besonders jungen Talenten und Regisseuren wollen die Filmtage in dem oberfränkischen Ort dieses Jahr ein Forum bieten, wie Festivalleiter Heinz Badewitz zum Auftakt am Mittwoch sagte. Neben 55 Lang- und Dokumentarspielfilmen stehen rund 30 Kurzfilme auf dem Programm. Daneben sind laut Badewitz soziale und ethnische Milieustudien, "kleine Geschichten von Nebenan" wie "Gott ist tot" von Kadir Sözen oder "Geht nicht, gibt’s nicht" von René Heisig zu sehen.
Kürzen an der falschen Stelle
Die Gewerkschaften warnen die Bundesregierung vor einer Kürzung des Arbeitslosengeldes. Dies stünde laut der Vizechefin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Margret Mönig-Raane in krassem Widerspruch zu den Vorschlägen der Hartz-Kommission und würde das Verhältnis zwischen Bundesregierung und Gewerkschaft "stark belasten". Mönig-Raane reagiert damit auf Berichte, wonach Rot-Grün im kommenden Jahr Leistungen für Arbeitslose im Volumen von 1,3 Milliarden Euro einsparen will. Demzufolge soll auch das Arbeitslosengeld für Jobsuchende mit Kindern von derzeit maximal 67 Prozent auf 60 Prozent des letzten Nettolohns gekürzt und anstelle der Differenz eine Pauschale von 35 Euro im Monat gezahlt werden.
Filme sollen Kulturdialog beleben
Muslimischer Alltag steht im Mittelpunkt von fünf Filmen, die zwischen dem 4. und 8. November in 16 deutschen Städten gezeigt werden. Die Kinoreihe steht unter dem Motto "Islam-Cinema", teilte die Bundeszentrale für politische Bildung als Veranstalter am Montag in Berlin mit. Dialog der Kulturen statt "Clash of Civilizations" sei noch immer ein "weit entferntes Ziel", hieß es zur Begründung: "Muslime leben mit uns, unter uns, und doch sind sie und ihre Kultur vielen Menschen weitgehend fremd geblieben." Auch in der Pädagogik gebe es ein "riesiges Defizit" im Umgang mit dem Islam. Toleranz einer fremden Kultur gegenüber setze jedoch Wissen über diese Kultur voraus.
Lob und Tadel für rot-grünen Koalitionsvertrag
Die Vereinbarungen des rot-grünen Koalitionsvertrags im Sozialbereich sind auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während die Arbeiterwohlfahrt (AWO) das Papier als "ein Programm der Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs" bezeichnete, kritisierte der Sozialverband Deutschland (SoVD) die Rentenbeschlüsse der Koalition als "völlig unzureichend". Auch die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) beklagte, bei der Reform der Sozialversicherungen bleibe die Regierung wichtige Antworten schuldig. Die Sozialversicherungen seien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, einen Rückzug des Staates aus diesem Bereich und eine Privatisierung der Lebensrisiken dürfe es nicht geben. Die Verbraucher Initiative bezeichnete die Planungen im Gesundheitsbereich als "positiven Ansatz" und begrüßt vor allem den Ausbau der Prävention und Gesundheitsförderung.
EU-Generalanwalt empfiehlt Bußgeld gegen VW
Auf den Wolfsburger VW-Konzern kommt offenbar endgültig ein EU-Bußgeld von 90 Millionen Euro zu. Im Streit um die von Brüssel verhängte Strafe wegen angeblicher Absatzbehinderung musste VW am Donnerstag einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichthofes (EuGH) empfahl den Luxemburger Richtern nach Angaben eines EuGH-Sprechers, die Klage des Konzerns auf Annullierung des Bußgeldes zurückzuweisen. Die Empfehlung ist für die Luxemburger Richter zwar nicht bindend. Sie wurde in der Vergangenheit aber zumeist übernommen. Mit einem endgültigen Urteil des EuGH zum bisher höchsten EU-Strafbescheid gegen ein einzelnes Unternehmen ist nach Ansicht von Beobachtern in einigen Monaten, möglicherweise noch vor Jahresende zu rechnen.
DGHS warnt vor Entmündigung von Menschen mit Sterbewunsch
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) warnt vor einer Entmündigung von Menschen mit Sterbewunsch. Es gebe Menschen, die im Fall eines Komas auf die "Chance des Wiederaufwachens" verzichten möchten, sagte DGHS-Präsident Karlheinz Wichmann am Donnerstag in Augsburg. Er reagierte damit auf ein Urteil des Landgerichts Traunstein vom Mittwoch, dem zufolge die künstliche Ernährung eines 37-jährigen Wachkomapatienten nicht eingestellt werden darf. Der Mann hatte einen Selbstmordversuch unternommen. Sein Vater und Vormund hatte darauf gedrängt, ihn sterben zu lassen. Das Pflegepersonal hatte sich aber geweigert.
Viagra-Boom rettet seltene Tiere
Der Viagra-Boom hat vermutlich zu einem nicht beachteten Nebeneffekt geführt. Das Potenzmittel könnte gefährdete Tierspezies schützen. Nach Angaben von William von Hippel von der University of New South Wales hat die explosionsartige Steigerung des Viagra-Verkaufs den Bedarf an bestimmten Körperteilen von Tieren gedrosselt. Seit Jahrzehnten werden Tiere wie Robben, Moschushirsche und Seepferdchen getötet, da bestimmte Körperteile die sexuelle Potenz steigern sollen.
Notfallschlepper "Fairplay 25" ab sofort einsatzbereit
Ein neuer Schlepper soll künftig mehr Sicherheit rund um und östlich von Rügen gewährleisten. "Mit der Charter der 'Fairplay 25' setzen wir das Notschleppkonzept für die Ostsee weiter um", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Angelika Mertens am Mittwoch in Saßnitz/Rügen. Der Schlepper stehe ab sofort mit 67 Tonnen Pfahlzug rund um die Uhr bereit.
Kernaussaugen im neuen rot-grünen Koalitionsvertrag
SPD und Grüne haben nach 16-tägigen Verhandlungen am Mittwoch die neue Koalitionsvereinbarung 2002-2006 unterzeichnet. Das 88-seitige Papier trägt den Titel "Erneuerung - Gerechtigkeit - Nachhaltigkeit" und die Unterzeile "Für ein wirtschaftliches starkes, soziales und ökologisches Deutschland. Für eine lebendige Demokratie". In zehn Kapiteln werden Eckpunkte der künftigen Regierungspolitik festgelegt.
Die Chronologie der Affäre um den Wuppertaler Oberbürgermeister Kremendahl
Am Dienstag, den 15.10.2002 begann vor dem Landgericht Wuppertal der Prozess gegen den unter Korruptionsverdacht stehenden Oberbürgermeister der Stadt, Hans Kremendahl (SPD). Hier die bisherigen Entwicklungen des Jahres 2002:
Touristikkonzerne stornieren Bali-Reisen
Die meisten deutschen Bali-Urlauber wollen offenbar trotz der Terroranschläge auf der indonesischen Ferieninsel bleiben. Bislang gebe es keine Anzeichen für eine Rückreisewelle deutscher Touristen, teilte der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalterverband (DRV) am Montag mit. Die meisten Reiseveranstalter wollen ihren Kunden kostenlose Stornierungen oder Umbuchungen anbieten.
Bombenanschlag auf indonesische Ferieninsel Bali
Bei einem Bombenanschlag auf der indonesischen Ferieninsel Bali sind am Samstagabend mindestens 182 Menschen getötet und rund 300 verletzt worden. Unter den Verletzten befinden sich auch acht Deutsche, wie Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) am Sonntag in Berlin weiter mitteilte. Fünf von ihnen seien schwer verletzt. Unter den Toten befindet sich eine deutsche Frau, die auf Bali lebte. Auf der Insel machen Fischer zufolge derzeit mehrere hundert Deutsche Urlaub .
Beihilfe zum mehrtausendfachen Mord vorgeworfen
Der am Donnerstag in Hamburg verhaftete mutmaßliche Helfer der Selbstmordattentäter vom 11. September Abdelghani Mzoudi bleibt in Haft. Vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe schwieg der 29-Jährige Marokkaner am Freitag zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen. Mzoudi habe "nichts gesagt", berichtete eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Dem am Donnerstag in Hamburg festgenommenen Mann wird zur Last gelegt, die Mitglieder der Hamburger Terrorzelle um den Todespiloten Mohammed Atta logistisch unterstützt zu haben.