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Algenpest durch Hitze und Überdüngung gefährdet die kränkelnde Ostsee

Wasserschutz

Baden in der Ostsee ist unangenehm, vielleicht auch gefährlich geworden. Die Behörden von Großenbrode und Heiligenhafen haben Anfang August ein Badeverbot verhängt. Der Grund: Algenblüte durch Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt. Sie haben sich explosionsartig vermehrt und können giftig sein. Die Algen profitieren vom üppigen Sonnenlicht und den Nährstoffen, die ihnen vor allem die Landwirtschaft liefert. Während Nitrate und Phosphate von Natur aus sogenannte Minimumstoffe sind, die das Algenwachstum einst begrenzten, sorgen die Düngemittel der modernen Landwirtschaft mit ihrer Massenproduktion für "Eutrophierung" oder Überdüngung - in fast allen Gewässern.

In Fäden zusammengesetzt, lassen die Blaualgen die Ostsee plötzlich wie eine Nudelsuppe aussehen, ehe Strömung und Wind sie zu ekligen Teppichen zusammentreiben. "Die Ostsee ist zur Zeit in einer ökologischen Grenzsituation", wie der Meeresbiologe Prof. Dr. Olav Giere, Universität Hamburg, sagt, die in einer "ökologischen Katastrophe enden kann." Nach dem Zusammenbruch der Blaualgen-Blüte werden die Reste am Boden abgebaut, unter massivem Schwund von Sauerstoff. Weite Bereiche der Ostsee können dabei ökologisch "umkippen".

Schon jetzt sind fast alle Tiefenzonen der Ostsee ökologisch tot und können wegen fehlenden Eintrags von frischem, sauerstoffhaltigem Wasser aus der Nordsee kaum noch regenerieren. Die Teppiche aus Blaualgen und abgestorbenem Seegras kommen hinzu. Was für so manch eine Kurverwaltung ein Albtraum, ist für die Ostsee fast ein Segen: Abgestorbenes Seegras, das vom Strand abgefahren wird und nicht im Meer verfault - unter weiterer Sauerstoffzehrung. Grün-braune Fadenalgen, die sich ebenfalls prächtig vermehren, legen sich als "Leichentücher" auf Muschelbänke und andere am Boden lebende Tiere und bringen den Tod durch Ersticken. Eine Genesung der kränkelnden Ostsee wird immer schwerer.

Als Belastung für das Ostsee-Ökosystem kommt die Massenentwicklung von Quallen hinzu, wie zu Beginn des Sommers 2003. Zu viele Quallen fressen zu viele junge Fische und andere Kleinlebewesen. Der Sauerstoffmangel wird zu Massensterben bei Fischen und anderen Lebewesen führen, wie Krebsen, Seepocken und Miesmuscheln, die als Filtrierer unter normalen Umständen für Sauberkeit im Wasser sorgen. Die Blaualgen, von denen es weltweit mehr als 2 000 Arten gibt, können durch ihr Absterben Giftstoffe freisetzen mit bedenklichen Folgen für die Wasservögel, die von dem Wasser trinken. Sie können daran sterben.

Als 1988 im nördlichen Atlantik eine "Algenpest" ausbrach, starben nicht nur Fische in Massen, sondern auch viele Delfine. Sie hatten vergiftete Fische gefressen. Für den Schweinswal in der Ostsee können vergiftete Fische das Ende bedeuten. Es gibt nur noch etwa 600 Schweinswale in der Ostsee. Die Algenpest in der Ostsee des Sommers 2003 macht deutlich, dass auch die Meere, besonders die ohne offenen Zugang zum Ozean, eine Agrarreform mit weniger Massenproduktion bitter nötig haben.