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"Nazi-Jäger" Simon Wiesenthal ist tot

"Recht, nicht Rache"

Sein Motto lautete: "Recht, nicht Rache". Nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich Simon Wiesenthal als unermüdlicher "Nazi-Jäger" einen Namen und war an der Ergreifung von mehr als 1100 Kriegsverbrechern beteiligt. Nun ist Wiesenthal im Ater von 96 Jahren in Wien friedlich verstorben.

Geboren wurde Wiesenthal am 31. Dezember 1908 im galizischen Buczacz in der heutigen Ukraine. Nach seinem Abitur studierte der Sohn eines wohlhabenden jüdischen Kaufmannes Architektur in Prag und Lemberg und erhielt 1940 sein Ingenieur-Diplom. Als die deutschen Truppen 1941 die Sowjetunion überfielen, wurde er zum ersten Mal von ukrainischen Milizionären verhaftet.

Zwar konnte Wiesenthal 1943 aus einem Zwangsarbeiterlager fliehen, doch wurde er wenige Monate später wieder aufgegriffen und anschließend in insgesamt zwölf Konzentrationslager (KZ) deportiert. Sein Leidensweg endete in Österreich, als die Amerikaner das KZ Mauthausen am 5. Mai 1945 befreiten. Während des Holocaust ermordeten die Nazis alle Verwandten von Wiesenthal und seiner Frau Cyla - insgesamt 89 Personen. Cyla war - wie ihr Mann - die einzige Überlebende in ihrer Familie; sie starb 2003.

Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich Wiesenthal - zunächst im Auftrag der Amerikaner - der Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und gründete 1947 im österreichischen Linz ein Dokumentationszentrum. Darin sammelten er und seine Mitstreiter Unterlagen von verschleppten Juden sowie ihren Verfolgern. Da bei den Alliierten im Kalten Krieg das Interesse an der Suche nach Nazi-Verbrechern deutlich zurückging, schloss Wiesenthal 1954 das Zentrum und übergab die Dokumente der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Der spektakulärste Fall Wiesenthals führte zur Ergreifung des ehemaligen SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann im Jahre 1960 durch israelische Agenten - jenem Beteiligten der Wannsee-Konferenz zur "Endlösung der Judenfrage", der die Deportation der Juden nach Auschwitz-Birkenau leitete und dessen Ziel es war, die Ausrottung der Juden zu rationalisieren. Bereits 1953 hatte Wiesenthal erste Hinweise auf den Aufenthaltsort Eichmanns erhalten.

Der laut Wiesenthal "schwierigste Fall" war die Entdeckung des Gestapo-Beamten Karl Josef Silberbauer im Jahr 1963, der 1944 die 15-jährige Anne Frank in ihrem Versteck in Amsterdam verhaftete. Ihr Tagebuch ist weltberühmt. 1967 sorgte Wiesenthal für die Verhaftung des ehemaligen Kommandanten von Treblinka, Franz Stangl, der in Brasilien aufgespürt und nach Deutschland ausgeliefert wurde. Mit Wiesenthals Namen verbunden ist auch die Ergreifung des SS-Führers Erich Rajakowitsch, dem Stellvertreter Eichmanns in den Niederlanden, oder der KZ-Aufseherin Hermine Braunsteiner, die Hunderte Kinder in Majdanek tötete.

Mitte der 70er Jahre beschuldigte Wiesenthal in Österreich mehrere Mitglieder der SPÖ, aber auch den Parteichef des möglichen FPÖ-Koalitionspartners von Bundeskanzler Bruno Kreisky als Alt-Nazis. Kreisky warf Wiesenthal daraufhin "Selbstjustiz" vor. 1976 kündigte Wiesenthal an, sich künftig nur noch internationalen Fällen zu widmen.

1978 spürte er den ehemaligen stellvertretenden Lagerkommandanten von Sobibor, Gustav Wagner, in Brasilien auf. In den 80er Jahren verfolgte Wiesenthal die Spur des berüchtigten KZ-Arztes Josef Mengele. Nach der Exhumierung von dessen Gebeinen in Brasilien schlug Wiesenthal 1985 dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl vor, die auf Mengele ausgesetzte Belohnung von einer Million D-Mark den etwa 150 noch lebenden Opfern auszuzahlen.

Nach der politischen Wende in Ostdeutschland hoffte Wiesenthal, mit Hilfe der Akten der DDR-Staatssicherheit zahlreiche Verfahren gegen NS-Verbrecher neu aufrollen zu können. Vor wenigen Monaten wurde die "Operation letzte Chance" gestartet, mit der das Simon-Wiesenthal-Zentrum unentdeckte NS-Verbrecher in Deutschland aufspüren will.

Insgesamt 6000 Hinweisen ging Wiesenthal in den vergangenen Jahrzehnten nach, um mit seiner Arbeit eine "Warnung für potenzielle Mörder von Morgen" zu geben. Den Fall Eichmann hatte Wiesenthal zum Anlass genommen, in Wien ein Dokumentationszentrum einzurichten. 1977 wurde dann das nach ihm benannte Zentrum in Los Angeles gegründet, das neben Außenstellen in New York, Toronto und Miami auch in Paris, Jerusalem und Bueno Aires vertreten ist.

Das Simon Wiesenthal Center ist nach eigenen Angaben heute eine der größten internationalen jüdischen Menschenrechtsorganisationen mit über 400.000 eingeschrieben Familien. Wiesenthal sagte einmal dazu: "Ich habe viele Auszeichnungen in meinem Leben erhalten. Und wenn ich sterbe, werden diese Ehrungen mit mir sterben. Aber das Simon Wiesenthal Center wird als mein Vermächtnis weiter leben."