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Große Koalition beschloss Börsengang der Bahn

"Logisch unmöglicher Kompromiss"

Nach dem Willen der großen Koalition soll die Deutsche Bahn AG spätestens 2009 an die Börse gehen. Die Verkehrspolitiker der großen Koalition verständigten sich am 8. November auf Eckpunkte für die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kündigte an, bis Ende März einen Gesetzentwurf vorzulegen. Die Bundesregierung scheint nicht auf die Unterstützung der Bevölkerung bei diesem Privatisierungsvorhaben zu bauen. So berichtet sie auf ihrer Website kaum über den geplanten Börsengang, sondern in erster Linie darüber, was - scheinbar - alles nicht privatisiert werden soll. So soll - nach Darstellung der Bundesregierung - das Schienennetz beim Bund verbleiben und der Bahn "zur Nutzung überlassen" werden. Kritiker vom Bündnis "Bahn für Alle" werfen der Koalitionsspitze vor, die Zustimmung ihrer Fraktionen zur Bahn-Privatisierung "erzwungen" zu haben. Die Bahn werde geopfert, um Handlungsfähigkeit der Koalition zu demonstrieren. "Die Abgeordneten mussten nach nur einem Tag Prüfmöglichkeit dem Vorschlag zustimmen, ein in 170 Jahren entstandenes Verkehrssystem privaten Finanzinvestoren zu übereignen", kritisierte Bündnissprecher Winfried Wolf.

Das heute noch 34.000 Kilometer lange Schienennetz bleibt nach Darstellung der Regierung vollständig "im Besitz" des Bundes. Das treffe auch auf Bahnhöfe, Service-Einrichtungen und Werkstätten zu. Die Bahn solle das Netz aber "bewirtschaften" können. Wie lange die Bahn das Netz betreiben dürfe, werde noch vertraglich festgelegt.

Die Einigung sieht laut Bundesverkehrsminister Tiefensee weiterhin vor, dass der Bund "keine weiteren" Schulden der Deutschen Bahn mehr übernehmen werde. Außerdem werde die Bundesnetzagentur für einen "fairen Wettbewerb auf der Schiene" sorgen. Die Jobgarantie bei der Bahn soll nur noch bis 2010 fortgeführt werden.

Wolf: Kompromissmodell im Bundestagsantrag logisch unmöglich

Der Verkehrswissenschaftler Wolf hält das Kompromissmodell im Bundestagsantrag für "logisch unmöglich". Der Antrag mische "in unsinniger Weise" die zwei gegensätzlichen von SPD und Union bevorzugten Privatisierungsmodelle. "Dies führt zu einem logisch unmöglichen Vorschlag: eine Infrastruktur in Bundeseigentum, die jedoch von einer privaten Aktiengesellschaft bewirtschaftet und bilanziert werden soll", so Wolf.

Offen bleibe in dem Antrag, "ob nur das Gleisnetz oder auch die Bahnhöfe dem Bund gehören sollen und wer die Verbindlichkeiten von 15 Milliarden Euro übernehmen soll, die auf dem Bahnnetz lasten".

"Bahn für Alle" kritisiert "das Durchpeitschen des Antrages" als undemokratisch. Wie aktuelle Umfragen belegten, sei eine überragende Mehrheit der Bevölkerung für eine Bahn in öffentlicher Hand. Auch eine große Gruppe in der SPD- Bundestagsfraktion lehne die Privatisierung ab. Die Parlamentarische Linke habe kurz vor der Einigung der Koalitionsspitzen formuliert, dass "Lösungskonzepte auch ohne Börsengang möglich gemacht werden" müssten.

Dann binnen 36 Stunden eine Zustimmung der SPD-Fraktion erzwingen zu wollen, verletze "die parlamentarischen Anstandsregeln", sagte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hendrik Auhagen für das Bündnis "Bahn für Alle". "Mit dieser Ignoranz wird Demokratiemüdigkeit gefördert." Auhagen ist Mitglied des Attac-Rates.

Das Bündnis "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, ROBIN WOOD, BUND, "Bürgerbahn statt Börsenbahn", "Bahn von unten", UMKEHR, den NaturFreunden Deutschlands sowie dem VCD Brandenburg und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Am Freitagabend findet in Hamburg eine Demonstration gegen die Privatisierung statt.