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Großer Lauschangriff ist verfassungswidrig

Entscheidung am 1. Juli

Am 1. Juli 2003 findet im Bundesverfassungsgericht die mündliche Verhandlung zu den Verfassungsbeschwerden gegen den so genannten Großen Lauschangriff statt. In einer Stellungnahme zu den Verfassungsbeschwerden erklärt das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein gemeinsam mit mehreren anderen Datenschutzbeauftragten die Regelungen des Großen Lauschangriffs für verfassungswidrig. Außerdem habe die Praxis bis heute keine überzeugenden Ermittlungserfolge gebracht.

Bei dem Großen Lauschangriff kann die Polizei Gespräche in Privatwohnungen mit Hilfe von Wanzen abhören. Daher liege sowohl ein Verstoß gegen die Menschenwürde als auch gegen den Kerngehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung vor. Die Belauschung von Gesprächen selbst aus der Intimsphäre von Eheleuten verstoße außerdem gegen den grundrechtlichen Schutz der Ehe.

Auch die Ausgestaltung des Großen Lauschangriffs auf gesetzlicher Ebene sei in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig. Die Erforderlichkeit für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sei nicht durch eine objektive Rechtstatsachenanalyse belegt. Einer solchen Analyse hätte es umso mehr bedurft, als erst kurz zuvor in den Jahren 1992 und 1994 umfangreiche Gesetzesverschärfungen mit dieser Zielsetzung eingeführt worden sind, deren Effizienz niemand überprüft habe. Der Straftatenkatalog für die Durchführung von Großen Lauschangriffen gehe weit über die Organisierte Kriminalität hinaus. Der Schutz der strafprozessualen Aussage und Zeugnisverweigerungsrechte sei völlig unzureichend. Die permanente Verlängerung von Großen Lauschangriffen sei ohne große Hürde möglich. Die Betroffenen würden auch im Nachhine in nur unzureichend, in vielen Fällen gar nicht unterrichtet. Darüber hinaus sei die Zweckbindung der Daten lückenhaft.

Der erste Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Großen Lauschangriff belege eindrucksvoll, dass das Instrument bislang überwiegend zur Bekämpfung von Betäubungsmittel und Tötungsdelikten eingesetzt worden sei. Der Bezug zur Organisierten Kriminalität hätte nicht hergestellt werden können. In 58% der Fälle habe das Abhören überhaupt keine Erkenntnisse für das jeweilige Ermittlungsverfahren erbracht. Dies rechtfertige nicht die Aushöhlung fundamentaler Grundrechte von der letztendlich jeder in Deutschland betroffen sein könne, so die Kritik.