März 2002
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Indien lässt erstmals genmanipulierte Baumwolle zu
Der weltgrößte Baumwollproduzent Indien hat nach vier Jahren Kampf mit Bauernorganisationen und Akademikern den Anbau von genmanipuliertem Saatgut genehmigt. Das Genetic Engineering Approval Committee gestattet unter Auflage bestimmter Kriterien die Freisetzung von Bt-Baumwolle (Bacillus thuringiensis), berichtete die englischsprachige Tageszeitung Pakistans Dawn am Donnerstag. Kritiker befürchten, dass es nicht lange dauern wird, bis Indien genveränderte Nahrungsmittel genehmigt. Neben GM-Tomaten und -Fisch wartet auch genmanipulierter Senf auf eine behördliche Zulassung.
Verbraucher-Zentrale warnt vor gefärbten Ostereiern
Verbraucher sollten beim Kauf von gekochten Eiern besonders vorsichtig sein. Das rät die Verbraucher-Zentrale Hessen (VZH) aufgrund einer neuen Marktuntersuchung. Dabei wurde die Kennzeichnung von bunten Ostereiern in 105 Frankfurter Discountern, Supermärkten und Fachgeschäften überprüft. Wichtigste Ergebnisse: Über ein Drittel (40) der 113 überprüften Proben trug kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Bei knapp 95 Prozent (105) konnte das Verkaufspersonal auch auf Nachfrage das Alter der Eier nicht nennen. Verbraucher haben demnach keine Möglichkeit festzustellen, wie lange die Eier noch gegessen werden können.
Mieterbund Nachrichten
Der Deutsche Mieterbund (DMB) sagt Wohnungsmangel und steigende Mieten voraus. Der "fast völlig zum Erliegen" gekommene Mietwohnungsbau drohe den nächsten Wohnungsmangel mit wieder stärker steigenden Mieten auszulösen, sagte DMB-Direktor Franz-Georg Rips. Nach Berechnungen seines Verbandes würden in diesem Jahr nur noch 300 000 Wohnungen, darunter 93 000 Mietwohnungen, fertig gestellt - so wenige wie seit vielen Jahren nicht mehr. Benötigt würden aber mindestens 400 000 neue Wohnungen pro Jahr, um allein die Verkleinerung der Haushalte, die wachsenden Ansprüchen an die Wohnfläche sowie Abrisse und Umwidmung von Wohnraum auszugleichen.
Gespaltene Reaktionen bei Handel und Umweltschützern
Die Entscheidung des Bundeskabinetts vom Mittwoch zur Einführung des Dosenpfandes wird von der Deutschen Umwelthilfe e. V., dem Bundesverband mittelständischer Privatbrauereien e.V., dem Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. und dem Verband des Deutschen Getränkeeinzelhandels e.V. ausdrücklich begrüßt. "Die Entscheidung des Bundeskabinetts ist das lang erwartete klare Signal der Bundesregierung für die Erhaltung des Mehrwegsystems in Deutschland.", so Günther Guder, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels.
NABU fordert besseren Schutz der Nordsee vor Schiffsunglücken
Der Naturschutzbund NABU fordert einen deutlichen besseren Schutz der Nordsee vor Havarien. Notwendig sei eine Verlagerung der Hauptschifffahrtstrassen in der Deutschen Bucht nach Norden, forderte NABU-Präsident Jochen Flasbarth. In unmittelbarer Nähe des sensiblen Lebensraumes Wattenmeer verlaufe dort eine der am dicht befahrensten Wasserstraßen der Erde. Über 30.000 Schifffahrtsbewegungen würden dort jährlich abgewickelt. Vielfach seien die Schiffe mit Öl oder Chemikalien beladen.
Frauendiskriminierung ist Hauptbeschwerdegrund
Die Diskriminierung von Frauen in der Werbung ist der Hauptgrund von Beschwerden an den deutschen Werberat. 35 Prozent aller 2001 eingegangenen Beanstandungen beziehen sich auf frauenfeindliche Sichtweisen, berichtet der Werberat in einer Aussendung. Insgesamt hatte das Gremium im vergangenen Jahr über 305 Werbemaßnahmen zu urteilen, um 14 Prozent mehr als im Vorjahr. In 206 Fällen wurden die Ansichten der Beschwerdeführer als überzogen klassifiziert. Ein Drittel der Beschwerden war erfolgreich. Laut Angaben des Werberates stellten die betroffenen Unternehmen die Werbung überwiegend ein. Lediglich in drei Fällen erging eine öffentliche Rüge.
Das Grünen-Grundsatzprogramm
22 Jahre nach ihrer Gründung haben sich die Grünen am Wochenende in Berlin ein neues Grundsatzprogramm gegeben. Auszüge aus dem rund 100 Seiten starken Programm:
Deutsche Kriegseinsätze jetzt von Parteiprogramm gedeckt
Sechs Monate vor der Bundestagswahl haben die Grünen am Wochenende ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet. Unter dem Titel "grün 2020 - wir denken bis übermorgen" lehnen die Grünen auch Kriegseinsätze der Bundeswehr nicht mehr grundsätzlich ab und vollziehen damit die rot-grüne Regierungspolitik auch in ihrem Programm nach.
"Ökumenischer Friedensdienst" für Palästina und Israel
Fünf kirchliche Organisationen haben einen Ökumenischen Friedensdienst in Palästina und Israel (ÖFPI) ins Leben gerufen. Eine Gruppe von "Begleitern" soll in die Konfliktregion reisen und dort gemeinsam mit ökumenischen Begleitern aus anderen Ländern gewaltfreie Friedensinitiativen und -aktionen unterstützen, die das Ziel haben, die Besatzung der palästinensischen Gebiete zu beenden. Eine weitere wichtige Aufgabe soll sein, über Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen internationales Recht zu berichten.
Zwei kostenlose Computer-Sicherheitspakete
Zwei kostenlose CDs zur Computer-Sicherheit und Datenverschlüsselung stellte die Bundesregierung auf der CeBIT 2002 vor. Die verbesserte und erweiterte E-Mail-Verschlüsselungssoftware GnuPP 1.1 (Gnu Privacy Project) stammt aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Eine Rundum-Sicherheits-CD mit IT-Grundschutz, Virenabwehr und Firewalls bietet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik an. Beide Pakete sind auf den CeBIT-Ständen von BMWi und BSI zu haben.
Thierse will Regelanfrage abschaffen
Der Streit über den Umgang mit den Stasi-Akten geht in eine neue Runde. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte am Wochenende ein Ende der Regelanfragen bei der Stasi-Unterlagenbehörde. Die Stasi-Landesbeauftragten von Sachsen-Anhalt und Sachsen legten einen ersten Vorschlag zur Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vor. Bürgerrechtler hatten Änderungen des Gesetzes gefordert, nachdem das Bundesverwaltungsgericht der Gauck-Behörde verboten hatte, die Stasi-Unterlagen von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl herauszugeben.
Fahrradurlaub in Deutschland weiter auf Wachstumskurs
Radreisen liegen in Deutschland weiter im Trend. Diese Einschätzung traf der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) am Sonntag auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. Einer Analyse des ADFC zufolge haben im Jahr 2001 rund 1,8 Millionen Deutsche ihren Urlaub "mehrheitlich im Fahrradsattel" verbracht. 49,1 Prozent der Deutschen nutzen das Fahrrad als eine von mehreren Urlaubsaktivitäten. Mehr als 15 Prozent gaben an, es "häufig" bis "sehr häufig" zu gebrauchen. In den nächsten Jahren planen rund 7,9 Prozent der Deutschen eine Radreise - rund 400 000 mehr als im Vorjahr.
SPD regiert die drei größten Städte Bayerns
Die drei größten bayerischen Städte werden künftig von der SPD regiert. Bei den Stichwahlen am Sonntag eroberten die Sozialdemokraten die Oberbürgermeisterposten in Nürnberg und Augsburg zurück. Bereits im ersten Wahlgang hatte Münchens OB Christian Ude (SPD) sein Amt verteidigt. Die CSU gewann am Sonntag die Rathäuser von Würzburg und Passau. Insgesamt kam es in 221 bayerischen Gemeinden und Städten zur Stichwahl um den Bürgermeisterposten. In sieben Landkreisen kam es zum Wahlendspurt um den Landratsposten. Die Wahlbeteiligung in den vier Großstädten war noch geringer als beim ersten Wahlgang am 3. März.
Kaninchen-Mast ist schlimmer als Legebatterien für Hühner
Das meiste in deutschen Supermärkten angebotene Kaninchenfleisch stammt nach Angaben der Tierschutzorganisation PETA nicht vom Bauernhof. Oft werde es in Batteriehaltung erzeugt, sagte der Vize-Vorsitzende von PETA Deutschland, Harald Ullmann, der Zeitung "Welt am Sonntag". Dabei überträfen die Verhältnisse noch die tierquälerische Hühnerhaltung in Käfigen.
Anschläge auf jüdischen Friedhof und auf sowjetische Ehrenmale
In Berlin und auf Usedom sind am Wochenende insgesamt drei Anschläge mit vermutlich rechtsextremem Hintergrund verübt worden. Am Friedhof der jüdischen Gemeinde in Berlin warfen unbekannte Täter am Samstag gegen 19.40 Uhr einen mit Sprengstoff gefüllten Metallkörper über das Eingangstor in den Hof. Dabei wurden nach Polizeiangaben Trauergebinde zerstört sowie Gehwegplatten, Fenster und der Putz an den Wänden beschädigt. Außerdem wurden die sowjetischen Ehrenmäler auf der Ostseeinsel Usedom sowie im Berliner Stadtteil Marzahn geschändet.
Parteifinanzen durch unabhängige Kommission kontrollieren
Die Kontrolle über die Parteienfinanzen sollte nach Ansicht des Göttinger Politikwissenschaftlers Peter Lösche von einer unabhängigen Kommission mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen übernommen werden. Lösche forderte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp in Köln, die Mitglieder der Kommission müssten nach dem gleichen Wahlverfahren bestimmt werden wie die Richter am Bundesverfassungsgericht. "Eine von parteipolitischer Einflussnahme geschützte Kommission sollte vom Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, zu jeder Zeit und in jedem Unterbezirk oder Kreisverband die Bücher zu prüfen", sagte Lösche. Mit der nötigen Autorität und weiten Befugnissen ausgestattet könnte die Kommission bereits mit ihrem Amtsbeginn eine präventive Wirkung entfalten.
Immer mehr ausländische Studenten an deutschen Universitäten
Immer mehr ausländische Studenten studieren an deutschen Hochschulen. Die Zahl ausländischer Studierender erhöhte sich im vergangenen Jahr auf 140 000. Dies sei eine Steigerung um 15 Prozent im Vergleich zum Jahr davor, sagte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) am Freitag in Berlin bei der Vorstellung einer Studie zur "Internationalisierung des Studiums".
BUND kritisiert die grünen Bettvorleger
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Bündnisgrünen unmittelbar vor ihrem Berliner Parteitag zu Nachbesserungen an ihrem Programmentwurf aufgefordert. Ein wesentliches Schlüsselprojekt des Grundsatzprogramms "Grün 2020 - Wir denken bis übermorgen" müsse die ökologische Finanz- und Steuerreform werden. Die Bündnisgrünen dürften bei der Lösung der nationalen und globalen Umweltfragen zudem nicht primär auf technische Lösungen setzen, sondern müssten den Umbau der Wirtschaft und Veränderungen der Lebensweise auch programmatisch vorantreiben.
Verbraucherschutz steckt noch in Kinderschuhen
Der Verbraucherschutz steckt nach Auffassung von Experten noch in den Kinderschuhen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) forderte mehr Einflussmöglichkeiten für das Verbraucherschutzministerium. Die Parteien müssten sich stärker für die Rechte der Konsumenten einsetzen, betonte Verbandschefin Edda Müller am Donnerstag in Berlin. Die bisherige Verengung auf Lebensmittelsicherheit sei kurzsichtig und schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) kündigte an, der gesundheitliche Schutz der Bürger solle künftig Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben.
Deutsche Archiv-Informationen über NS-Zwangsarbeiter nur schwer erhältlich
"Jedes der Fähnchen steht für einen Ort, an dem einst Zwangsarbeiter eingesetzt waren", sagt Jan Sechter, Diplomat und Chef des Prager Büros für Naziopfer. Die Deutschlandkarte an seiner Wand ist davon übersät, und auch aus der Abbildung Österreichs starren die Nadeln dicht an dicht. Die Zahl der seinerzeit Deportierten gehe in die Hunderttausende, meint Sechter, der dabei ist, die Anträge der Überlebenden auf Entschädigung einzusammeln.