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Die Documenta11 geht nach 100 Tagen unspektakulär zu Ende

Weltkunstschau entzweite die Kritiker

Es wird ein leises Ende sein. Am Sonntagabend um 20.00 Uhr schließt die Documenta11 in Kassel ihre Tore. Ein spektakuläres Abschlussfest für die Öffentlichkeit ist nicht geplant - aus Kostengründen. Von sich reden gemacht hat das "Museum der 100 Tage" aber auch so schon genug, mögen sich die Veranstalter gedacht haben.

In den vergangenen Monaten hat die Schau die Feuilletons der Weltpresse beherrscht wie keine ihrer Vorgänger und dabei die Kritiker entzweit. Die einen sprachen von einer "CNN-Documenta", bemängelten eine zu starke Präsenz der audiovisuellen Medien und einen politischen Impetus, der letztlich folgenlos bleibe und den Unterdrückten dieser Welt kaum helfe. Andere lobten das Gleichziehen von Fotografie und Film mit den traditionellen Künsten, die breite Auseinandersetzung mit den Folgen des Kolonialismus, weltweiter Folter oder einem raffgierigen Kapitalismus.

Einig waren sich die Beobachter zumindest darin, dass die Schau weniger theorielastig war als zunächst befürchtet. Und dass Okwui Enwezor, der künstlerische Leiter, und seine sechs Co-Kuratoren ihr Hauptziel erreicht hatten: Eine globalere documenta zu schaffen. Von einer Europa- oder USA-Lastigkeit, wie sie noch die Vorgängerveranstaltung 1997 geprägt hatte, sprach niemand mehr.

Nicht nur Künstler aus aller Welt zog es nach Kassel. Auch das Sprachengewirr unter den Besuchern war deutlich bunter als noch 1997. Bis Anfang der Woche hatten knapp 610.000 Menschen den Weg in die nordhessische Stadt gefunden. Die alte Rekordmarke von 1997, die bei 631.000 Gästen lag, ist für die Veranstalter damit in greifbare Nähe gerückt, das befürchtete finanzielle Minus wohl abgewendet.

In den vergangenen Wochen hatte der Zustrom an Kunstinteressierten noch einmal deutlich zugenommen. Vor allem an den Wochenenden herrschte dichtes Gedränge - und das trotz der deutlich größeren Ausstellungsfläche, die sich durch die Umnutzung einer ehemaligen Brauerei ergeben hatte. Die politisch Verantwortlichen in der seit Jahren mit wirtschaftlichen Problemen kämpfenden Stadt sahen es gern.

Was bleibt von der Documenta11? An Handfestem vermutlich nicht sehr viel. Die meisten der 450 Kunstwerke werden abgebaut, zerstört oder verkauft. Alle schriftlichen Dokumente kommen in das documenta-Archiv, das seit 1961 unter anderem Monographien, Zeitungsartikel und Fotos sammelt - nicht jedoch Kunstwerke - "das würde unsere Möglichkeiten übersteigen", heißt es dort.

Gemessen an der Vielzahl von Objekten hat erstaunlich wenig von den Vorgängerausstellungen überlebt. Am auffälligsten für Besucher der Stadt ist noch die seit 1992 vor dem Kulturbahnhof emporragende Skulptur "Mann, der zum Himmel geht". Nahe der Fulda hat sich eine überdimensionale Spitzhacke in eine Wiese gebohrt und vor dem Museum Fridericianum erinnert eine kleine Messingscheibe im Boden an die heftig umstrittene Bohr-Aktion "Vertikaler Erdkilometer" aus dem Jahr 1977.

Andere Kunstwerke, die zwar die Ausstellung zunächst überlebten, verschwanden irgendwann unbemerkt - so wie Jenny Holzers "Binsenweisheiten", aufgemalt auf eine ganz normale Hauswand und unbemerkt überstrichen kurz vor Beginn der diesjährigen documenta. Am nachhaltigsten verändert hat die Stadt Joseph Beuys' Aktion "7.000 Eichen", mit deren Pflanzung 1982 begonnen wurde. In zwei Wochen soll eigens eine Stiftung gegründet werden, um das Mammut-Kunstwerk dauerhaft zu erhalten.

Von der diesjährigen Ausstellung sollen "drei bis vier" Werke in der Stadt erhalten bleiben. Welche genau dies sind, wollen die Organisatoren derzeit aber noch nicht verraten. Für die Kunstwelt interessanter dürfte die Frage sein, wer künstlerischer Leiter der Documenta 12 im Jahr 2007 sein wird - dieses Geheimnis wird voraussichtlich erst Ende 2003/Anfang 2004 gelüftet.