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Opposition einigte sich auf Auftrag für Geheimdienst-Untersuchungsausschuss

"Anti-Terror-Krieg"

FDP, Grüne und Links-Fraktion haben sich am Freitag auf einen gemeinsamen Auftrag für den beabsichtigten Untersuchungsausschusses zu den Geheimdienstaktivitäten im "Anti-Terror-Krieg" geeinigt. Dem Ausschuss sollen sieben Mitglieder angehören. Union und SPD stellen je zwei Mitglieder, die Oppositionsfraktionen je ein Mitglied. Gegenstand des Ausschusses sollen 29 Fragestellungen sein, die in fünf Komplexen aufgegliedert sind. Es soll jetzt keinen reinen BND-Untersuchungsausschuss" geben. Der Einsatz zweier BND-Agenten in Bagdad sei nur ein Teil des Auftrages. Aufgeklärt werden soll insgesamt "die Suspendierung der Menschen- und Bürgerrechte" im Zusammenhang mit Anti-Terror-Maßnahmen. Untersucht werden soll auch die Entführung eines deutschen Staatsbürgers, die CIA-Gefangenenflüge über Deutschland, die Vernehmungen von Gefangenen im Ausland durch deutsche Beamte sowie die Nutzung von unter Folter erlangten Geständnissen.

Der Untersuchungsausschuss soll klären, welche politischen Vorgaben für das Handeln von BND, BfV, MAD, GBA und BKA gemacht wurden, und wie die politische Leitung und Aufsicht ausgestaltet und gewährleitstet wurde.

Im Bereich der CIA-Flüge und Gefängnisse soll geklärt werden, ob in von amerikanischen Stellen - insbesondere der CIA - veranlassten Flügen Terrorverdächtige im Rahmen ihrer Verschleppung über deutsches Staatsgebiet transportiert wurden. Die Opposition möchte auch wissen, ob und gegebenenfalls seit wann die Bundesregierung welche Erkenntnisse über derartige Gefangenentransporte hatte und "ob die von der Bundesregierung vorgenommenen rechtlichen Bewertungen in dem Bericht der Bundesregierung vom 23.2.2006 zutreffen". Außerdem soll geklärt werden, wie künftig verhindert werden kann, dass es künftig zu derartigen Flügen kommt. Auch soll der Kenntnisstand der Bundesregierung über CIA-Gefängnisse in Europa Thema des Ausschusses sein.

Der Ausschuss soll weiterhin klären, ob Stellen des Bundes Informationen an ausländische Stellen geliefert haben, die zur Entführung von El Masri beigetragen haben oder ob nach Kenntnis der Bundesregierung Stellen der Länder selbiges getan haben. Die Abgeordneten wollen wissen, welche Informationen der deutsche diplomatische Dienst in Mazedonien über die Verschleppung El Masris hatte, ob und welche Informationen zum Fall der Verschleppung des deutschen Staatsangehörigen El Masri durch die US-Stellen "der ehemalige BMI Schily - nach der Unterredung zu Pfingsten - in einem weiteren Gespräch mit US-Botschafter Coats und anderen US-Stellen, etwa mit US-Minister Ashcroft und dem damaligen CIA-Chef, erhalten hatte und warum diese nicht für die Ermittlungen in Deutschland verwertet und nicht weitergegeben wurden". Gefragt wird auch, ob deutsche Staatsangehörige und deutsche Stelle an der Vernehmung von El Masri beteiligt waren und wer die von El Masri als Deutscher identifizierte Person "Sam" ist, die kurz vor der Freilassung bei den Vernehmungen in Kabul anwesend war und El Masri auf dem Rückflug nach Mazedonien begleitet hat.

Der Ausschuss soll ferner klären, ob und gegebenenfalls zu welchem Zweck und auf welcher rechtlichen Grundlage die Sicherheitsbehörden Reisedaten im Fall Zamar an US-amerikanische, niederländische und marokkanische Stellen, "im Fall D. und S. an die libanesischen Stellen" und im Fall Kurnaz an US-amerikanische oder pakistanische Stellen weitergegeben haben. Die Abgeordneten wollen wissen, welche Konsequenzen aus den Vernehmungen, "die nach vorangegangener Folter oder unter folterähnlichen Umständen durchgeführt worden sein sollen", gezogen worden und noch zu ziehen sind. In Hinblick auf die Zukunft fragt die Opposition, welche Vorkehrungen zu treffen sind, durch die verhindert werden kann, dass in Zukunft Angehörige des BND, BKA oder andere Stellen solche Befragungen durchführen.

Bezüglich des Einsatzes von zwei BND-Mitarbeitern in Bagdad soll der Ausschuss klären, wer den Auftrag hierfür erteilt hat und welche Regierungsstellen in die Entscheidungsfindung über die Einsätze eingebunden waren. Geklärt werden soll auch, ob und inwieweit über die in dem Bericht der Bundesregierung aufgeführten hinaus weitere Informationen – insbesondere ein neuer militärische Plan über die Verteidigung Bagdads – vom BND vor Beginn und während des Irakkrieges aus dem Irak an die Zentrale gegeben wurden und an US-Dienststellen gelangt sind, die für die US-Kriegsführung von Bedeutung sein konnten oder sogar tatsächlich dafür eingesetzt wurden. Die Abgeordneten wollen auch überprüfen, ob und inwieweit "die in der Bundestagsdrucksache 16/800, S. 20, genannten Objekte, die von BND-Mitarbeitern in Bagdad gemeldet und an US-Stellen weitergegeben wurden, zutreffend wiedergegeben und bewertet sind". Geklärt werden soll ferner, was mit US-Stellen über die Aufgaben der BND-Mitarbeiter in Bagdad besprochen und vereinbart worden ist und "warum das Vereinbarte nicht schriftlich festgehalten wurde". Die Abgeordneten fragen auch nach den "Verbindungsorganisationen aus dem Geschäftsbereich des BMVG (z.B. militärisches Nachrichtenwesen) zu ausländischen Stellen", über die "Informationen von den BND-Mitarbeitern aus Bagdad während des Irakkrieges weitergegeben wurden und wie eine etwaige solche Informationsweitergaben organisiert und kontrolliert war".

Zusammenfassend soll der Untersuchungsausschuss klären, ob und inwieweit durch die untersuchten Handlungen "gegen Richtlinien oder Weisungen der Bundesregierung, gegen Amts- oder Dienstpflichten oder gegen deutsches Recht oder internationales Recht verstoßen wurde". Der Ausschuss soll schließlich darüber befinden, welche rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen gezogen werden müssen, um "die Rechtsstaatlichkeit der Terrorismusbekämpfung zu wahren und die Kontrolle der Nachrichtendienste zu verbessern, um Fehlentwicklungen verhindern zu können".

Zwei Tage lang befragt

Im Fall des Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz soll es nach Darstellung von Geheimdienstmitarbeitern angeblich kein Freilassungsangebot der USA gegeben haben. Das hätten sie bei der Befragung im BND-Ausschuss am Donnerstag behauptet, hieß es am Freitag aus Ausschusskreisen in Berlin. Den Angaben zufolge sollen zwei Beamte des Bundesnachrichtendienstes sowie ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Kurnaz im Jahr 2002 in Guantanamo zwei Tage lang befragt haben. In einem Vermerk hätten sie danach angeblich eine mögliche Freilassung des Bremer Türken angekündigt. Die amerikanische Quelle, auf die sich die Einschätzung eines mutmaßlichen Freilassungsangebotes der USA stütze, sei ein nach Guantanamo mitgereister CIA-Mitarbeiter gewesen.

Bei der Zeugenbefragung am Donnerstag soll vom Verfassungsschutz weiterhin die Darstellung bestritten worden sein, Kurnaz habe damals schon als ungefährlich gegolten. Allerdings habe der leitende BND-Beamte im Befragerteam trotz "Restzweifeln" an Kurnaz die Idee aufrecht erhalten, den Bremer Türken als V-Mann in der islamistischen Szene gewinnen zu wollen.

Steinmeier nahm an Sicherheits-Präsidentenrunde teil

Unlängst war seitens des Sprechers des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner, offiziell bestätigt worden, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als Kanzleramtschef an der "Präsidentenrunde" der deutschen Sicherheitsbehörden im Oktober 2002 teilgenommen hat. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Damals soll das Gremium laut Medienberichten über das US-Angebot, den damaligen Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz freizulassen, beraten haben.

Einem Bericht der "Berliner Zeitung" zufolge soll Steinmeier unmittelbar in die Planungen des Bundesinnenministeriums einbezogen gewesen sein, eine Rückkehr des Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz nach Deutschland zu verhindern. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf ein an den damaligen Innenstaatssekretär Claus Henning Schapper gerichtetes Schreiben vom 30. Oktober 2002, Steinmeier habe über das rechtliche Vorgehen informiert werden sollen, mit dem Kurnaz seinerzeit die Aufenthaltserlaubnis in Deutschland entzogen werden sollte. Dies gehe aus einem Vermerk auf dem Schreiben hervor.

Dem Schreiben zufolge habe zwischen Bundeskanzleramt und Bundesinnenministerium Übereinstimmung darüber bestanden, dass eine Wiedereinreise von Kurnaz nicht erwünscht sei, schrieb das Blatt. Hintergrund sei die Sorge gewesen, Kurnaz könne erfolgreich gegen eine Ausweisung klagen, wenn er erst wieder in Deutschland sei, weil ihm die deutschen Behörden keine extremistischen Bestrebungen nachweisen könnten.

Das Blatt zitierte aus dem Papier: "Dünne Beweislage zum terroristischen Hintergrund würde jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen provozieren, während der Ausländer in Deutschland lebt."

Am 02. Feb. 2007