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Bundesregierung plant Kfz-Besteuerung nach Schadstoffausstoß

"Aufkommensneutral"

Die Bundesregierung strebt eine Kfz-Besteuerung nach dem Schadstoffausstoß der Autos bereits Anfang 2008 an. Die Umstellung der Steuer könne bis zum Beginn nächsten Jahres gelingen, zeigte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag zuversichtlich. Laut Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) müssen Autofahrer dabei nicht mehr Steuern bezahlen als bisher. Die Zuständigkeit für die Kfz-Steuer liegt allerdings bei den Bundesländern.

Die Steuer-Umstellung von Hubraum auf Schadstoffausstoß werde aufkommensneutral sein, versprach Tiefensee. "Daran kann man sich halten, darauf kann man sich verlassen." Auch einkommensschwache Bürger müssten es sich künftig noch leisten können, Auto zu fahren. "Deshalb diskutieren wir über Abschläge und Freibeträge." Im Gespräch sei, eine gewisse Frist einzuräumen für ältere Fahrzeuge, ähnlich dem Vorgehen bei der Umrüstung von Rußpartikelfiltern.

"Wenn alle Beteiligten an einem Strick ziehen, und zwar am gleichen Ende und in die gleiche Richtung, dann können wir das bis Ende des Jahres schaffen", sagte Gabriel. Von den Bundesländern, die für die Kfz-Steuer zuständig sind, erwarte er, dass sie in den kommenden Wochen und Monaten "eine sehr konstruktive Rolle spielen werden".

Die Vizechefin der Unions-Fraktion, Katherina Reiche (CDU), zeigte sich skeptisch. Eine aufkommensneutrale Umstellung "hört sich sicherlich einfacher an, als es im Detail ist". Reiche sagte andererseits, "das Argument, dass ein neues Auto, das schadstoffarm ist, zum Beispiel über eine Zeit befreit werden könnte - komplett von der Kfz-Steuer, von der CO2-Steuer -, ist vielleicht ein Argument, um auch Menschen, die weniger im Portemonnaie haben, diesen Schritt zu erleichtern".

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast äußerte sich zurückhaltend. Sie hoffe, dass den "warmen Worten" nun auch Taten folgten und Tiefensee das Vorhaben "vehement" anpacke. Die Grünen-Politikerin forderte zugleich, dass die Zuständigkeit für die Kfz-Steuer an den Bund übertragen werde. Der Klimawandel sei global und müsse zumindest auf nationaler oder auf europäischer Ebene geregelt werden.

FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich kritisierte das Vorhaben Tiefensees. Das Steuerkonzept differenziere nicht zwischen denen, "die viel Auto fahren und denen, die wenig fahren". Nicht der theoretische Schadstoffausstoß eines Autos belaste die Umwelt, sondern die Menge der tatsächlich gefahrenen Kilometer, so Friedrich.

Es werde auch zu wenig berücksichtigt, was mit den Autos passiere, die schon heute zugelassen seien und unter alte Besteuerungsmaßgaben fielen. "Es ist doch Unsinn zu behaupten, die Umstellung solle die Autofahrer nicht mehr kosten, wenn doch die Umstellung ausdrücklich bewirken soll, dass verstärkt Neuwagen gekauft werden", kritisierte Friedrich. "Wer jetzt ein Auto hat, das ein paar Jahre alt ist, wird es nach der Steuerumstellung nur mit großem Verlust verkaufen können. Viele werden deswegen ihr Auto behalten und die höhere Steuer in Kauf nehmen."

Die Linksabgeordnete Gesine Lötzsch sagte, die "klimapolitisch vernünftige Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf die Abgase" müsse sozial flankiert werden, wenn sie nicht zur Ausgrenzung von Millionen vom Autoverkehr führen solle. Der Vorschlag der grünen Fraktionschefin Renate Künast, künftig nur noch Autos mit Hybrid-Technik zu kaufen, klinge gut, setze aber den entsprechenden Geldbeutel voraus. "Für Menschen mit niedrigen Einkommen klingt er wie blanker Hohn."

Die Autokonzerne seien in der Pflicht, "die schon lange vorhandenen Sprit sparenden Technologien endlich so zum Einsatz zu bringen, dass Umwelttechnik vom Luxus- zum Allgemeingut wird." Dafür müsse die Politik Anreize und gesetzliche Vorgaben geben, zum Beispiel über ein Tempolimit auf Autobahnen oder die Unterstützung entsprechender Umrüstungen älterer Fahrzeuge.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, begrüßte den geplanten Schritt. "Wenn Deutschland mit einer solchen Steuer vorangeht, werden bestimmt viele andere folgen", sagte er. Dies werde dazu führen, dass beim Autokauf die Schadstoffemission mehr und mehr eine Rolle spiele.

Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation BUND fehlen in Deutschland politische Anreize für den Kauf umweltfreundlicher Autos. Derzeit sei jeder zweite Neuwagen in Deutschland ein Dienst- oder Firmenwagen, sagte der Verkehrsexperte vom BUND, Werner Reh. Für Unternehmen sei es lukrativer, große und schwere Wagen zu kaufen.