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BGH erleichtert Bestrafung von Amtsträgern wegen Vorteilsannahme

Freispruch für Kremendahl rechtskräftig

Politische Amtsträger können sich künftig bei der Einwerbung von Wahlkampfspenden leichter wegen Vorteilsannahme strafbar machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verschärfte am 28. August seine entsprechenden, im Oktober 2004 entwickelten Grundsätze. Die Entgegennahme einer Wahlkampfspende sei nicht nur dann eine Vorteilsannahme, wenn die Spende im Hinblick auf eine konkrete Amtshandlung gegeben werde. Die Grenze zur Strafbarkeit werde schon überschritten, "wenn Spender und Amtsträger davon ausgehen, dass der Amtsträger im Laufe der künftigen Amtszeit mit Entscheidungen zu einem Vorhaben des Spenders befasst sein wird", heißt es in dem BGH-Urteil. Zudem müsse der "unbeteiligte Betrachter" den Eindruck gewinnen, dass der Geldgeber mit der Spende Einfluss auf anfallende Entscheidungen nehmen wolle.

Der BGH bestätigte jedoch im vorliegenden Fall trotz eigener Bedenken die Freisprüche im neu aufgerollten Korruptionsprozess gegen den früheren Wuppertaler Oberbürgermeister Hans Kremendahl (SPD). Das Landgericht Dortmund hatte Kremendahl im März 2006 vom Vorwurf der Vorteilsannahme und den Bauunternehmer Uwe Clees vom Vorwurf der Vorteilsgewährung freigesprochen. Dieses Urteil ist nun rechtskräftig.

Das Landgericht hatte entschieden, dass es für eine im Kommunalwahlkampf 1999 von Clees an die Wuppertaler SPD gezahlte Großspende in Höhe von 500.000 D-Mark (255.000 Euro) zwischen Kremendahl und Clees "keine Unrechtsvereinbarung" gegeben habe. Clees hatte mit der Spende fast vollständig den Wahlkampf des Oberbürgermeisters finanziert.

Der BGH befand nun, dass das Urteil des Landgerichts "keinen Rechtsfehler" enthalte. Der BGH sei revisionsrechtlich an die Beweiswürdigung des Landgerichts gebunden, obwohl deren Ergebnis "wenig plausibel" erscheine, insbesondere mit Blick auf die Höhe der Spende. Danach hat Kremendahl "nicht erkannt", dass Clees mit der Spende einen konkreten wirtschaftlichen Vorteil erstrebt habe, nämlich Kremendahls Unterstützung für das von Clees geplante Großprojekt "Factory Outlet Center". Dem Oberbürgermeister sei Clees' Engagement für das umstrittene Investitionsprojekt während des gesamten Wahlkampfs "nicht bekannt" gewesen. Der OB sei davon ausgegangen, der Unternehmer habe ganz allgemein nur seine investorenfreundliche Politik fördern wollen.

"Dass der Oberbürgermeister einer Großstadt so blauäugig sein kann, mag man sich kaum vorstellen", betonte der Vorsitzende Richter des 3. Strafsenats des BGH, Klaus Tolksdorf. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei aber nach den Vorgaben des Revisionsrechts "unangreifbar". Der Bundesgerichtshof verwarf damit die Revision der Staatsanwaltschaft. Bei einer anderen Beweiswürdigung des Landgerichts Dortmund hätte am Ende des Verfahrens auch eine Verurteilung des Ex-OBs wegen Vorteilsannahme stehen können, so Tolksdorf.

Der BGH folgte letztlich den Anträgen von Verteidigung und Bundesanwaltschaft, die eine Bestätigung der Freisprüche gefordert hatten.

In einem ersten Verfahren hatte das Landgericht Wuppertal im Jahr 2002 Kremendahl vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen. Zugleich hatte es Clees unter anderem wegen Vorteilsgewährung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch im Oktober 2004 vom BGH aufgehoben. Die Sache war an das Landgericht Dortmund verwiesen worden. (AZ: 3 StR 212/07 - Urteil vom 28. August 2007)