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Siemens-Chef Kleinfeld spricht mit Putin - Bayerns Grüne nicht

Ermordete Journalistin

Russlands Präsident Wladimir Putin traf sich am Mittwoch bei seinem Besuch in München mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) sowie mit Spitzenvertretern der Wirtschaft wie Audi-Vorstandschef Martin Winterkorn und Siemens-Chef Klaus Kleinfeld. An dem Gespräch nahmen auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und sein russischer Amtskollege German Gref teil. Der Besuch Putins wird überschattet von dem Mord an der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja. Die Spitze der bayerischen Grünen-Fraktion hatte daher ihre Teilnahme am Staatsempfang für Putin abgesagt. Stattdessen nahmen die Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und Sepp Dürr "aus Protest gegen die besorgniserregende Situation der Menschenrechte in Russland" an einer Mahnwache für die ermordete Journalistin teil.

Die bayerische Grünen-Spitze demonstrierte bei dem Eintreffen Putins mit einer Mahnwache gegen die Situation der Menschenrechte in Russland. Als der Präsident am Mittag auf dem roten Teppich in die Münchner Residenz schritt, hielten rund 20 Grünen-Politiker schweigend Plakate mit dem Foto der ermordeten Journalistin Politkowskaja nach oben. "Der offenkundige Auftragsmord ist nicht nur ein brutales Verbrechen, sondern ein Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit insgesamt", hatten Bause und Dürr am Vortag erklärt.

Putin hatte am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Dresden zugesichert, es werde "alles" für eine Aufklärung des Verbrechens getan. Demonstranten hatten den russische Präsidenten mit "Mörder"-Rufen empfangen.

Nüchtern analysierte der russische Präsident sowohl den Einfluss der Journalistin als auch den Schaden des Mordes an ihr: Die unakzeptable "Gräueltat" schade Russland mehr als die Veröffentlichungen Politkowskajas, so Putin. Frau Politkowskaja sei zwar eine "scharfe Kritikerin der herrschenden Macht in Russland" gewesen. Allerdings sei der Grad des Einflusses der Veröffentlichungen der Journalistin in Russland selbst "äußerst unbeträchtlich" gewesen. Der Mord schade eher "unserer Macht in Russland und Tschetschenien, das ist offensichtlich", so Putin.

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, der Mord an der Journalistin werfe "auch einen Schatten auf die ganze russische Gesellschaft, was Demokratie angeht, was Meinungsfreiheit bedeutet, was Gewaltanwendung bedeutet". Putin dürfe solche Vorfälle nicht dulden.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die jüngsten Aussagen von Russlands Präsident Wladimir Putin zum Thema Pressefreiheit in seinem Land als "scheinheilig" bezeichnet. Es sei zynisch, vor dem Hintergrund des Mordes an der regierungskritischen Anna Politkowskaja und den alltäglichen Repressionen gegen Journalisten in Russland von einem Fortschritt der dortigen Pressefreiheit zu sprechen, sagte der DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken am Mittwoch in Berlin. "Das grauenhafte Verbrechen an der regierungskritischen Journalistin ist nur die Spitze eines Eisberges", sagte Konken. "Die Unterdrückung kritischer Journalisten und Medien in Russland hat Ausmaße angenommen, wie wir sie aus der Sowjetzeit kennen."

Europäisch-russische Freihandelszone

Stoiber setzte sich nach einem Gespräch mit Putin und führenden Wirtschaftsvertretern beider Länder für den Vorschlag ein, eine Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und Russland zu bilden. Dies sei eine "verfolgenswerte Idee". Der CSU-Chef betonte, die EU brauche ein "Sonderverhältnis" zu Russland. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Moskau sei "gegen niemanden gerichtet" und widerspreche auch nicht Überlegungen zu einer Freihandelszone mit Amerika.

Stoiber unterstützte damit die Position Putins in dieser Frage. Der Präsident hatte zuvor in einem Zeitungsinterview gemahnt, Merkel sollte der Idee einer europäisch-russischen Freihandelszone "mehr Aufmerksamkeit schenken".

Putin nannte die Gespräche in München "fruchtbar". Er habe Stoiber auch in dessen Eigenschaft als Vorsitzender einer Berliner Koalitionspartei über die Haltung Moskaus in aktuellen Fragen informiert. Bei der bayerisch-russischen Zusammenarbeit sehe er "großes Potenzial".

Siemens beschließt Kooperation in den Bereichen Energie, Verkehr und Telekommunikation

Siemens und die russische Renova Gruppe haben im Rahmen des deutsch-russischen Gipfeltreffens in Dresden ein "Memorandum of Understanding" über die Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten in Russland unterzeichnet. Die Vereinbarung konzentriert sich nach Angaben von Siemens auf die Bereiche Energieerzeugung und -verteilung, Telekommunikation sowie Flughafenmodernisierung und hat langfristig ein Volumen von bis zu 450 Millionen Euro.

Die Unterzeichnung des Rahmenabkommens über die gemeinsame Entwicklung von Infrastrukturprojekten in Russland habe zum Ziel, die Energieversorgung Russlands effizienter und sicherer zu gestalten. Darüber hinaus wolle man sich auf Projekte im Telekommunikationssektor sowie auf die Ausrüstung und Modernisierung russischer Regionalflughäfen konzentrieren.

Viktor Vekselberg, Präsident der Renova Gruppe, erklärte, die getroffene Vereinbarung sei ein wichtiger Schritt in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland. "Wir versprechen uns von der Vereinbarung mit Siemens mittelfristig sehr viel. Hier ergänzen sich das technologische Know-how von Siemens und die regionale Expertise von Renova bei Infrastrukturprojekten", so Vekselberg. "Vor allem im Bereich der kommunalen Energieversorgung sehen wir mit Blick auf unser Engagement bei IES (Integrated Energy Systems) zahlreiche Ansatzpunkte."

Siemens bezeichnete das Abkommen als strategische Zusicherung, seine technische Kompetenz in den Feldern Energieversorgung und -verteilung, Telekommunikation und Industrielösungen zur Modernisierung des russischen Energiesektors einzubringen. "Eine zuverlässige Energieversorgung stellt einen wichtigen Beitrag für die schnell wachsende russische Wirtschaft und den steigenden Energiebedarf dar", sagte Rudi Lamprecht, Mitglied des Zentralvorstands der Siemens AG. Siemens sei bereits seit 1853 in Russland tätig habe damit eine langjährige Tradition als Technologiepartner in der Region.

Die russische Renova Gruppe ist laut Siemens eine diversifizierte Industrieholding mit zunehmenden internationalen Aktivitäten. Sie gelte in Russland als einer der "führenden Investoren" in den Bereichen Erdöl, Erdgas, Bergbau, Metallverarbeitung, Maschinenbau, Chemie, Immobilien, Versorgung und einer Reihe von weiteren Sektoren. Die Gruppe sei schwerpunktmäßig aktiv in Russland, den GUS-Staaten, der Schweiz, Südafrika und den USA. Ihre Aktiven beliefen sich wertmäßig auf mehr als 11 Milliarden US-Dollar.

Zu den bedeutendsten Engagements zählten die Beteiligungen am russisch-britischen Erdöl-Joint-Venture TNK-BP sowie an SUAL, Russlands zweitgrößtem Aluminiumproduzenten. "Die Gruppe wird geführt von Dr. Viktor Vekselberg, einem der einflussreichsten Unternehmer in Russland", so Siemens.