Kritik übten Attac und Weed auch an den Positionen und der Verhandlungsstrategie der Industriestaaten. So solle in Hongkong zunächst über ein so genanntes "Entwicklungspaket" verhandelt werden, das überwiegend unverbindliche Versprechen an die Länder des Südens enthalte. "Das einzige, was entwickelt ist, ist die Rhetorik der reichen Länder", meint Alexis Passadakis von Weed.
Die brisanten Themen wie die Öffnung der Dienstleistungsmärkte und massive Zollsenkungen in Entwicklungsländern seien hingegen in den hinteren Teil der Tagung verschoben worden. "Solche Liberalisierungen wären ein Desaster für die Menschen vieler Länder, in denen die lokale Wirtschaft zusammenbrechen würde, weil sie nicht konkurrenzfähig ist", so Passadakis. Darum sei ein Scheitern des Gipfels wünschenswert: "Besser kein Deal als ein schlechter Deal."
"Bisher ist keine Spur davon zu entdecken, dass es sich hier um eine so genannte Entwicklungsrunde handelt", sagte auch Sarah Kahnert, Welthandelsreferentin bei Germanwatch. Die Interessen der Entwicklungsländer würden kaum beachtet, berichtet sie aus Hongkong von den WTO-Verhandlungen.
"Die Öffnung der Märkte bestimmt wie ein Dogma die Debatte", kritisiert Michael Windfuhr von Germanwatch. Aber der Marktzugang in den Industrieländern sei für Entwicklungsländer nicht das Allheilmittel. "Vielmehr müssen die Entwicklungsländer die Möglichkeit haben, ihre heimische Landwirtschaft und ihre lokalen Märkte durch Importzölle zu schützen", fordert Windfuhr.
Von einer weiteren Marktöffnung würden vor allem die großen Agrar- und Nahrungsmittelindustrien profitieren, die auch den weltweiten Handel mit Agrarprodukten dominieren, prognostiziert Windfuhr: "Sinkende Zölle bedeuten wachsende Märkte und steigende Gewinne für Nestlé und Co." Hauptverlierer seien die Kleinbauern im Süden und die bäuerlichen Betriebe in Europa, die mit den niedrigen Preisen auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren könnten.
Gemessen an den ursprünglichen Zielen sehen Attac und Weed die Konferenz in Hongkong bereits als gescheitert an - selbst wenn am Ende eine Abschlusserklärung verabschiedet werden sollte. "Der Durchmarsch, den die Industrieländer und die großen, exportorientierten Unternehmen ursprünglich geplant hatten, ist zunächst aufgehalten worden", meint Oliver Moldenhauer von Attac. Nun sei es wichtig, dass sich die Regierungen des Südens in Hongkong nicht über den Tisch ziehen ließen, sondern die Interessen der Armen in ihren Ländern verträten.