DIE Internet-Zeitung
Teilung Serbiens - EU-Unterhändler will Unabhängigkeit, Überwachung und NATO-Präsenz im Kosovo

NATO Russland und andere Brennpunkte

Am

Deutsche Regierungskreise haben schon lange eine mögliche Abspaltung der serbischen Provinz Kosovo im Auge. Jetzt steht die Teilung Serbiens möglicherweise unmittelbar bevor - gegen den Willen Serbiens und Russlands. Der EU-Unterhändler Wolfgang Ischinger, sagte, die Europäische Union werde ein "unabhängiges Kosovo" vermutlich rasch anerkennen. Allerdings werde es nur eine begrenzte Unabhängigkeit geben: "Es wird ein Staatswesen sein, das weiterhin umfassender internationaler Überwachung unterliegt. Es wird weiterhin eine NATO-Truppe dort geben, es wird eine internationale Präsenz geben der Vereinten Nationen beziehungsweise der Europäischen Union. Das heißt, es geht um eine international überwachte Unabhängigkeit." Im Falle einer Abspaltung des Kosovo wird erneut mit bewaffneten Auseinandersetzungen auf dem Balkan gerechnet. Vor Jahren mündete dies zum ersten Krieg in Europa nach 1945. Deutschland hatte sich damals an der Bombardierung von Städten beteiligt.


Die Frist für eine Verhandlungslösung unter Vermittlung einer Troika aus Vertretern der USA, Russlands und der EU war am 10. Dezember abgelaufen. Für diesen Fall hatte die Führung der serbischen Provinz Kosovo bereits eine einseitige Unabhängigkeitserklärung angekündigt. Wegen der gleichzeitigen Zusicherung, dies in Abstimmung mit den USA, der NATO und der EU erreichen zu wollen, rechnen Diplomaten mit dieser Erklärung erst Anfang kommenden Jahres.

Kosovo soll "Protektorat" werden

Nicht alle EU-Staaten befürworten das Bestreben Deuschlands, die Teilung Serbiens zu unterstützen. So kritisierte der EU-Sonderkoordinator für den Südosteuropa-Stabilitätspakt, Erhard Busek, eine mangelnde Geschlossenheit. "Die unterschiedlichen Positionen der EU-Staaten in der Status-Frage des Kosovo laden Russland und China geradezu ein, sich einzumischen", beklagte Busek.

Für die EU komme es nun darauf an, möglichst rasch die Verwaltung der Provinz von der UNO zu übernehmen und eine Art Übergangs-Protektorat zu schaffen.

Schon in Bosnien-Herzegovina verfügte der deutsche CDU-Politiker Christian Schwarz-Schilling als Hoher Repräsentant bis Mitte des Jahres mit den so genannten "Bonner Befugnissen" über "außerdemokratische Sondervollmachten". Der Hohe Repräsentant konnte "jede seiner Ansicht nach gegen die Nachkriegsordnung verstoßende Entscheidung einheimischer Politiker aufheben und die Politiker selbst aus allen öffentlichen Ämtern und sogar aus Parteifunktionen entlassen kann" (ngo-online berichtete).

Hoffnung in die kommende slowenische EU-Ratspräsidentschaft setzte der Vorsitzende der deutsch-südosteuropäischen Parlamentariergruppe, Detlef Dzembritzki (SPD). Er warnte zugleich vor einem "Wettrennen" bei der Anerkennung des Kosovo. Zunächst müssten die Eckpunkte des Ahtisaari-Vorschlages umgesetzt werden, zu denen auch ein weitgehender Minderheitenschutz gehöre.

Nach dem Bericht der Kosovo-Troika wird sich nun der UN-Sicherheitsrat mit dem Thema befassen, voraussichtlich am 19. Dezember. Ein Bericht des UN-Generalsekretärs wird nicht vor Mitte Januar erwartet. Bis dahin rechnet Verteidigungs-Staatsekretär Christian Schmidt (CSU) nicht mit einem Ausbruch von Gewalt. Der Chef der UN-Verwaltung im Kosovo, Joachim Rücker, mahnte die Kosovo-Albaner, keine überhasteten Aktionen zu unternehmen.

Grüne: unvermeidlich - Linke: Irrweg

Während die Grünen dies als unvermeidlich ansahen, warnten die Linken vor einem völkerrechtlichen "Irrweg".

Für die Grünen, die bereits Ende der 1990er Jahre dem NATO-Angriffskrieg zugestimmt hatten, ist nach dem Scheitern der Statusgespräche eine Unabhängigkeit "unvermeidlich". Jetzt komme es darauf an, dass die EU den Prozess mitgestalte und sich nicht spalten lasse, sagten Fraktionsvize Jürgen Trittin und Außenexpertin Marieluise Beck. Beide gingen davon aus, dass eine Unabhängigkeitserklärung im ersten Quartal 2008 kommen werde.

Die EU habe nur die Alternative, diesen Prozess koordiniert zu gestalten oder ihm naturwüchsig seinen Lauf zu lassen, so Trittin und Beck.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Monika Knoche, warnte vor einem "völkerrechtswidrigen Irrweg" mit unabsehbaren Konsequenzen. "Das kommt einer Neuinterpretation des Völkerrechts, insbesondere der Resolution 1244 gleich, was eine unbefristete NATO-Präsenz bei einer Unabhängigkeit Kosovos nach sich ziehen würde." Die NATO dürfe aber ihre Interessen nicht entgegen der europäischen Integrationsidee und gegen die Interessen vieler europäischer Staaten wahrnehmen, und sie dürfe den Kosovo nicht als unbefristeten und umfassenden Stützpunkt benutzen, so Knoche.

"Die Tatsache, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien nun versuchen, die europäischen Staaten, die sich gegen eine Unabhängigkeit des Kosovo wenden, unter Druck zu setzen", sei ein gefährliches Anzeichen für das Machtgefälle in der EU-Außenpolitik. "Meine Gespräche in den letzten Tagen in Belgrad und Pristina haben gezeigt, dass die Möglichkeit einer weitgehenden Autonomie für das Kosovo bestanden hätte, wenn die EU klar und deutlich in diese Richtung gedrängt hätte", so Knoche.

Dass die Mehrheit der EU-Außenminister nun nach dem Scheitern der Gespräch sofort die Unabhängigkeit in den Blick nehme, mache deutlich, "dass sie nach wie vor nicht ernsthaft versuchen, die kosovarischen Vertreter von ihrer kompromisslosen Alles-oder-nichts-Haltung abzubringen", so Knoche.

German-Foreign-Policy: Der ehemalige Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte im Krieg gegen Serbien ist Mitglied der International Crisis Group Nach Auffassung des Informationsdienstes German-Foreign-Policy, der die deutsche Außenpolitik kritisch beobachtet, erreicht Berlin jetzt "ein seit Jahren systematisch verfolgtes Ziel". Seit den 1990er Jahren fördere die deutsche Bundesregierung Sezession der Provinz Kosovo, zuletzt habe sie die Spaltung Serbiens "gezielt vorangetrieben".

Einen konkreten Fahrplan zur Durchsetzung "des flagranten Völkerrechtsbruchs" habe jetzt die International Crisis Group vorgelegt. Im Vorstand dieses Thinktanks sei auch frühere deutsche Außenminister Joseph Fischer, zu dessen ersten Amtshandlungen es gehört habe, den Krieg gegen Serbien im Jahr 1999 politisch durchzusetzen.

Mitglied in der Organisation sei neben dem ehemaligen deutschen Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) auch Wesley Clark, der 1999 den Krieg gegen Serbien als Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte leitete.

Der Fahrplan der International Crisis Group sehe zunächst vor, dass die EU-Staats- und Regierungschefs am 14. Dezember die Vorschläge des ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zur Umsetzung der Sezession für gut befinden und der Übernahme von "Besatzungsaufgaben durch Brüssel" zustimmen, so German-Foreign-Policy. Mit einer solchen Erklärung, heiße es, habe UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon genügend Rückhalt, um gegen den Widerstand der Veto-Macht Russland mitzuteilen, er befürworte eine EU-Intervention im Kosovo "zur weiteren Umsetzung der Resolution 1244". Dies bedeute eine handstreichartige Entmachtung Russlands auf UNO-Ebene.

Im Januar, schreibt die International Crisis Group den Angaben zufolge, solle dann die kürzlich neu gewählte Regierung in Pristina ankündigen, die Eigenstaatlichkeit des Kosovo nach einer Übergangsfrist von 120 Tagen zu erklären - also im Mai 2008. "Zugleich soll sie die EU und die NATO um zivile und militärische Besatzungsmaßnahmen bitten, also de facto ihre frisch gewonnene Macht sofort an die westlichen Länder übertragen", schreibt der Informationsdienst.

Unruhen würden billigend in Kauf genommen. Ohnehin hätten am vergangenen Wochenende bereits erste gewalttätige Auseinandersetzungen stattgefunden. Die Bundeswehr habe ihre Aktivitäten in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens daher intensiviert.

Kriegsvorbereitungen

Der Kommandeur des deutschen Einsatzkontingentes, Brigadegeneral Erich Pfeffer, hatte im Mai 2007 bekannt gegeben, es würden "Einsatzszenarien" im Kosovo vorbereitet. Pfeffer sagte, die 15.600 KFOR-Soldaten seien auf mögliche Unruhen vorbereitet. Dafür gebe es "Eventualplanungen".

Die Bundeswehr, die mit 2300 Soldaten im Kosovo stationiert sei, nutze dafür auch die Begleitung von Demonstrationen. Zudem setzte die Bundeswehr auf Information und Transparenz, "um Gerüchten vorzubeugen".

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sprach sich bereits im Februar 2007 für ein "robustes, friedenserzwingendes Mandat" der neuen Kosovo-Truppe aus. "Es wird ein Kapitel-VII-Mandat sein müssen", so Solana bei einem Besuch in Berlin. Damit wäre zur Durchsetzung des neuen Status' der seit 1999 von der UN verwalteten serbischen Provinz auch die Anwendung von Waffengewalt legitimiert.

Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen sieht Maßnahmen bis hin zum Einsatz von Luft-, See- oder Landstreitkräften als äußerstes Mittel (Artikel 42) dann vor, wenn der Sicherheitsrat nach Artikel 39 feststellt, dass "eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt".

"Die Europäer" stehen nach den Worten Solanas bereit, im Kosovo ihre bislang größte "Mission" im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zu starten.

Am 10-12-2007

NATO, EU und Russland proben den Kalten Krieg in Georgien

Erdölinteressen im Kaukasus

Schon die deutsche Wehrmacht strebte im Zweiten Weltkrieg aus Interesse an den dortigen Erdöl-Lagerstätten in den Kaukasus. Einem Bericht von tagesschau.de zufolge rangeln nun die NATO, die EU und Russland um ihren Einfluss in der Region. Es geht um die einstige Sowjetrepublik Georgien, die die USA und die EU in die NATO integrieren wollen. Ausgetragen wird der Konflikt mit Russland unter anderem über die abtrünnigen georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien. Es bestehe akute Kriegsgefahr im Streit mit Russland um Abchasien, behauptete Georgiens Präsident Michail Saakaschwili kürzlich. Mit Vergeltung drohte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, sollte die Ex-Sowjetrepublik militärisch vorgehen. Laut tagesschau.de ist die NATO schon seit 2002 dabei, aus der einstmaligen georgischen "Operettenarmee" eine Streitmacht nach NATO-Standard zu machen. Bei den Menschen in den abtrünnigen Regionen löste dies Ängste aus, das vom Westen unterstützte Georgien könnte die Konflikte mit militärischen Mitteln lösen.

Nachdem die NATO schon zahllose, einst unter russischem Einfluss stehende osteuropäische Staaten in das Militärbündnis aufgenommen hat, will die russische Regierung nun verhindern, dass die NATO durch ein mögliches Neu-Mitglied Georgien sogar bis in den erdölreichen Kaukasus vorrückt.

Der Konflikt erreicht einen neuen Siedepunkt, als die NATO über den Beitritt Georgiens beriet und sich das Kosovo unter breiter Zustimmung des Westens von Serbien lossagte. So forderte das russische Parlament nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo die Anerkennung Abchasiens und Südossetiens. Als die NATO-Verteidigungsminister in Brüssel über den Beitrittswunsch Georgiens in das Bündnis diskutierten, hob Russland Wirtschaftssanktionen gegen Abchasien auf. Beim NATO-Gipfel in Bukarest wurde Georgien der Beitritt in Aussicht gestellt. 14 Tage später wies Putin seine Ministerien an, Beziehungen zu den Behörden Südossetiens und Abchasiens aufzunehmen. Diese fordern immer vehementer ihre Anerkennung als unabhängige Staaten.

Am 14-05-2008

Erst "Reformen", dann NATO-Beitritt Georgiens

"Keine Meinungsverschiedenheiten in der Russlandpolitik"

Die Bundesregierung hält vor einem NATO-Beitritt Georgiens weitere "Reform- und Modernisierungsbemühungen" des Landes für notwendig. "Die Türen stehen offen für Georgien", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag (18. August). Allerdings sei das Land "heute noch nicht beitrittsfähig". Die Außenminister der Allianz wollen am Dienstag in Brüssel bei einem Sondertreffen über die Lage im ölreichen Kaukasus beraten. Für die deutschen und europäischen Beziehungen zu Russland bedeute der Krieg eine Zäsur, sagte Steg. In Zukunft werde man sehr genau schauen, wie eine Zusammenarbeit aussehen solle. Er gehe davon aus, dass im Herbst auch über das grundsätzliche Verhältnis zu Russland gesprochen werde. Steg betonte zugleich, die Bundesregierung habe kein Interesse daran, Russland zu isolieren. Der Sprecher hob ferner hervor, dass es zwischen Kanzleramt und Außenministerium keine Meinungsverschiedenheiten in der Russlandpolitik gebe.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), sprach sich gegen einen schnellen NATO-Beitritt Georgiens aus. Zunächst müsse sich das Land weiter zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit entwickeln. Hier gebe es noch Defizite. Außerdem müsse ausgeschlossen werden, dass Georgien neue Spannungen in die NATO bringe.

SPD-Chef Kurt Beck mahnte, bei der Diskussion über einen NATO-Beitritt des Landes sei "Sorgfalt geboten". Die Voraussetzungen seien in Georgien noch zu schaffen.

Auch der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte, Georgien müsse sich vor seinem Beitritt erst um seine Probleme kümmern. Eine NATO-Aufnahme des Landes als Antwort auf die gegenwärtige Situation sei nicht zu empfehlen. Dass Merkel das Angebot einer Mitgliedschaft erneuert habe, sei trotzdem richtig gewesen. Es könne schließlich "nicht akzeptiert werden, dass Moskau entscheidet, wer was darf", meint Gerhardt.

Der frühere Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Klaus Naumann, plädierte dafür, Georgien einen konkreten Zeitplan für einen Beitritt zu geben. Die NATO müsse vor allem ihre "gespaltene" Position gegenüber Georgien überwinden, sagte der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr.

Kritik am Verhalten Merkels kam von der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion, Monika Knoche. "Mit dem NATO-Beitrittsversprechen an Georgien konterkariert die Kanzlerin nicht nur die Ausgleichsbemühungen des Bundesaußenministers, sondern läutet womöglich einen dramatischen Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik ein". so Knoche. "Sie verlässt damit eindeutig den Weg der Kooperation und nähert sich dem konfrontativen Kurs der USA gegenüber Russland." Diese Politik helfe nicht dem Frieden. Selbstverständlich müsse Russland seine Truppen aus Georgien abziehen. Aber: "Um das zu erreichen, dürfte die Drohung, den NATO-Beitritt Georgiens voranzutreiben, sehr kontraproduktiv sein."

Unstrittig ist nach Angaben von Steg die Entsendung weiterer internationaler Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Region. Klar sei, dass Georgien internationale "Hilfe" und "Unterstützung" brauche. Dazu seien erst Beobachter nötig, später möglicherweise "Friedenstruppen". Für eine solche Truppe gebe es aber hohe Hürden. So müssten die Konfliktparteien einen solchen Einsatz auch wollen. Zudem müsse es einen klar vereinbarten Waffenstillstand sowie ein Mandat geben.

Die Bundesregierung bestritt derweil Waffenlieferungen deutscher Unternehmen nach Georgien. Das ARD-Magazin "Report Mainz" hatte berichtet, dass Spezialeinheiten unter Verletzung der Export-Grundsätze der Bundesregierung mit deutschen Sturmgewehren von Heckler & Koch beliefert wurden. Steg sagte, wenn solche Waffen gesehen worden seien, beruhten sie nicht auf deutschen Lieferungen nach Georgien.

Am 18-08-2008

Erste Anträge zur Auflösung von Schwarz-Grün in Hamburg

Amtsenthebung der Senatoren gefordert

Eigentlich rechnet kaum jemand mit der Auflösung der schwarz-grünen Koalition in Hamburg wegen der Genehmigung des Steinkohle-Großkraftwerks Moorburg des Energieriesen Vattenfall. Völlig ausgeschlossen ist ein Rückzug der Grünen (GAL) auf Druck der Basis allerdings auch nicht. Immerhin wetterten die Grünen jahrelang gegen den "Klimakiller" Moorburg und versprachen im Wahlkampf, das Projekt zu beenden. Zwei Tage vor der Entscheidung der Grünen-Basis über den Fortbestand der Koalition lagen zwei Anträge zur Auflösung des ersten schwarz-grünen Regierungsbündnisses auf Länderebene für die Landesmitgliederversammlung am Donnerstag vor, wie eine Landesvorstandssprecherin auf Anfrage mitteilte. So forderten Antragsteller aus den Kreisverbänden Altona und Nord die Aufkündigung der Koalition. Aus dem Bezirk Nord wird zudem der Ruf nach einer Amtsenthebung der drei grünen Senatoren und des Fraktionschefs sowie nach einer Abwahl aller an den Koalitionsgesprächen beteiligten Unterhändler laut. Grund ist die Genehmigung des umstrittenen Kohlekraftwerks Moorburg durch Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) in der Vorwoche. Die Landesspitze der GAL will am Donnerstag mit einem eigenen Antrag für den Verbleib in der Koalition dagegenhalten, wie die Sprecherin weiter sagte.

Der Antrag sollte am Dienstagabend auf der regulären Vorstandssitzung beschlossen werden. Er sei jedoch nicht als Antwort auf die Anträge aus der Basis zu verstehen, versicherte die Sprecherin.

Zur Landesmitgliederversammlung am Donnerstagabend rechnet der Vorstand mit dem Erscheinen von rund 400 der insgesamt 1300 GAL-Mitglieder. Auf einer Informationsveranstaltung am Dienstag vergangener Woche hatte Hajduk ihre Entscheidung vor etwa 250 Mitgliedern erläutert. Nach Angaben aus Grünen-Kreisen war die Stimmung dabei "ruhig-konzentriert, aber kontrovers" gewesen.

Hajduk hatte den Bau des Steinkohlekraftwerks unter strengen Auflagen genehmigt. So wurde die vom Energiekonzern Vattenfall beantragte wasserrechtliche Erlaubnis nur teilweise erteilt. Das Kraftwerk darf an 250 Tagen im Jahr nur mit gedrosselter Leistung fahren, im Durchschnitt seien das nur zwei Drittel seiner Kapazität. Vattenfall erwägt allerdings, gegen die Auflagen zu klagen.

Am 07-10-2008

NATO-Oberbefehlshaber soll ISAF-"Schutztruppe" Tötungsbefehl gegeben haben

Ohne Beweise

Der angebliche Befehl des NATO-Oberbefehlshabers Bantz Craddock zur Tötung afghanischer Drogenhändler auch ohne Beweise hat in Deutschland einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Verteidigungspolitiker wiesen am Donnerstag (23. Januar) in Berlin darauf hin, dass ein solcher Befehl von Bundeswehrsoldaten nicht ausgeführt werden kann. Sie reagierten damit auf Medienberichte über eine entsprechende Weisung des US-Generals an das NATO-Hauptquartier in Brunssum unter Führung des deutschen Generals Egon Ramms und an das Hauptquartier der NATO-geführten Afghanistanschutztruppe ISAF in Kabul.

Deutsche Soldaten dürften keine Befehle befolgen, die zu einer Straftat führen, hieß es seitens der Deutschen Bundesregierung. "Das zeigt, dass nicht überall verstanden wird, dass manche Fragen dem Primat der Politik unterliegen", sagte der SPD-Politiker Rainer Arnold der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Die NATO wies derweil Berichte über ungesetzliche Befehle zurück. Der SACEUR habe nie "illegale Befehle" ausgegeben, wurde von der Allianz in Brüssel betont. Zuvor hatten verschiedene Medien berichtet, Craddock habe Drogenhändler und ihre Einrichtungen als militärische Ziele für die ISAF-Schutztruppe bezeichnet, die bekämpft werden könnten, ohne dass ein Zusammenhang zu Aufständischen nachgewiesen werden müsse.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, sagte der "Rheinischen Post", sollte Craddock tatsächlich verlangt haben, ohne nähere Prüfung mit aller Härte gegen Drogenhändler vorzugehen, so wäre dies "mit deutschen Standards von Rechtmäßigkeit und Innerer Führung nicht vereinbar". Arnold fügte hinzu, in letzter Konsequenz handele es sich um einen Tötungsbefehl.

Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, sich in aller Deutlichkeit von dieser "Eskalationsstrategie" zu distanzieren und erneuerte ihre Forderung, die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen.

Am 29-01-2009

NATO erwartet beim Treffen im April "fundamentale Auseinandersetzungen"

Obama auf Kriegskurs?

Das Brüsseler Hauptquartier der NATO erwartet beim Treffen zum 60. Geburtstag des Atlantischen Bündnisses angeblich "fundamentale Auseinandersetzungen" zwischen seinen Mitgliedern. "Die Turbulenzen sind vorprogrammiert. Sie werden heftig ausfallen", sagte ein hoher Vertreter der NATO am Wochenende in Brüssel. Die NATO müsse wegen der gefährlichen Lage besonders in Afghanistan "völlig neue Wege gehen". Wie die Beratungen der 26 Mitgliedstaaten am 3. und 4. April in Baden-Baden und Straßburg "ausgehen werden, steht in den Sternen". Es sei durchaus möglich, "dass es zu einem großen Krach kommt", so die bemerkenswerte Ankündigung der NATO. Offenbar geht es darum, dass die USA die Europäer zu einer noch stärkeren Beteiligung an Kriegen in aller Welt und insbesondere in Afghanistan drängen wollen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bernd Siebert (CDU), unterstrich, jetzt gelte es, das Bündnis für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen. Die NATO müsse das als Chance begreifen, um ihr politisches Gewicht zu verstärken. Außerdem müssten die Europäer die Neuorientierung der USA nutzen, um sich wieder aktiver in die Gestaltung der Bündnisarbeit einzubringen. "Das wird aber auch mehr Verantwortungsübernahme von den Europäern verlangen", betonte Siebert.

"Was wird Obama von den Europäern einfordern?"

NATO-Militärs vertraten in Brüssel den Standpunkt, dass der neue US-Präsident Barack Obama den "Schmusekurs" gegenüber den europäischen Bündnispartnern "fallen lassen wird".

Zwar hätten die Amerikaner beim NATO-Treffen der Verteidigungsminister am Donnerstag in Krakau die Zusage von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) für die Entsendung weiterer 600 deutscher Soldaten an den Hindukusch begrüßt. "Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass diese Erhöhung nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist", erklärte einer der NATO-Offiziere. Die Frage laute: "Was wird Obama beim NATO-Jubiläum tatsächlich von den Europäern einfordern?"

Auch der Kommandeur der internationalen Afghanistan-"Schutztruppe" ISAF, US-General David Mckiernan, hat die von Obama angekündigte Aufstockung der amerikanischen Truppen am Hindukusch um 17.000 auf rund 55.000 Mann als unzureichend bezeichnet. "Das reicht nicht, wir müssen mehr tun", so der General. Im Sommer sollen dann mit den NATO-Truppen aus den verschiedensten Ländern an die 90.000 westliche Soldaten in Afghanistan im Kriegs-Einsatz sein.

Militärexperten: Mindestens 300.000 Soldaten erforderlich

Militärexperten gaben an, es sei bei geheimen Untersuchungen klar geworden, dass mindestens 300.000 Soldaten nötig wären, "um einigermaßen die Sicherheitslage am Hindukusch in den Griff zu bekommen". Schon wird über "Obama's Vietnam" am Hindukusch gesprochen.

Bei den Diskussionen Anfang April über eine "Neue NATO" werden sich nach Einschätzung von NATO-Politikern "erhebliche Differenzen zwischen den Partnern über eine mögliche Ausdehnung des Bündnisses zeigen". Die europäischen Mitglieder würden sich wahrscheinlich dafür aussprechen, die "Substanz der NATO" im alten Rahmen zu erhalten.

Im Gegensatz dazu wollen die USA nach Darstellung ihres Sicherheitsberaters James Jones dem Bündnis zusätzliche Aufgaben übertragen, es zu einer "Sicherheitsallianz" mit weltumspannender Reichweite entwickeln. Das würde die NATO überfordern, heißt es in Brüssel. Jones ist der Auffassung, die NATO könne die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur meistern, wenn sie schon agiere, bevor Krisen entstehen.

Änderungen könnten sich auch hinsichtlich der Beteiligung Frankreichs in der NATO ergeben. Der französische Präsidenten Nicolas Sarkozy will Frankreich offenbar voll in die Militärstrukturen der NATO zurückführen. 1966 hatte die Grande Nation mit einem Paukenschlag des damaligen Präsidenten Charles de Gaulle die militärischen Strukturen des Bündnisses verlassen. Seine Devise lautete: "Die Verteidigung Frankreichs muss französisch sein."

Sarkozy will nach Darstellung von NATO-Experten einmal das Gewicht Frankreichs im Bündnis deutlich stärken. Zum anderen gehe er davon aus, dass Paris nur über eine generelle Normalisierung seiner Beziehungen zur Allianz sein Ziel erreichen könne, ein eigenständiges "Europa der Verteidigung" aufzubauen.

Am 24-02-2009

Friedensbewegung will Proteste gegen die NATO notfalls juristisch erzwingen

"Wir bestimmen, wo und wie demonstriert wird"

Die Kritiker der NATO-Kriege wollen ihre geplanten Protestaktionen gegen den NATO-Gipfel in Baden-Baden und Straßburg notfalls juristisch einklagen. Am Mittwoch seien Briefe an die zuständigen Behörden geschickt worden, um "der Hinhaltetaktik" ein Ende zu bereiten und schriftliche Entscheidungen zu erhalten, sagte der Koordinator der Internationalen Proteste, Reiner Braun, am Donnerstag (19. März) in Stuttgart. Bisher habe es nur mündliche Absprachen, die keine juristische Grundlage böten, gegeben. "Wir werden an allen Aktionen, die wir planen, festhalten", sagte Dieter Lachenmayer, Sprecher des Friedensnetzes Baden-Württemberg. So sind weiterhin ein großer Demonstrationszug von Kehl zur Europabrücke sowie "Aktionen des zivilen Ungehorsams" geplant. Demonstrationsfreiheit bedeute, dass die Demonstranten bestimmten, wo und wie demonstriert werde. "Die Mobilisierungswelle rollt und nichts wird sie aufhalten", sagte Braun.

Die NATO-Gegner kritisierten die Politik und Polizei für ihre Blockadehaltung. Beim G8-Gipfel in Heiligendamm sei viel mehr seitens der Polizei mit den Aktivisten kommuniziert worden, sagte Monty Schädel, der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK). " Demokratie funktioniert nicht auf Einladung."

Durch die derzeitige Haltung, vor allem des baden-württembergischen Innenministers Heribert Rech (CDU), würden die Menschen noch viel mehr für die Teilnahme an den Protesten mobilisiert. "Immer mehr kommen nun nicht mehr nur als Gegner der NATO, sondern auch, um für die Versammlungsfreiheit zu demonstrieren", sagte Lachenmeyer.

Die Organisatoren machten nochmals deutlich, dass es sich um gewaltfreie Proteste handeln werde. "Ich bin sicher, dass wir das gewaltfrei hinbekommen", sagte Braun. Die Organisatoren selber würden in den Vorbereitungen alles dafür tun, dass es nicht zu Ausschreitungen kommen wird.

Am 19-03-2009

Deutschland will "NATO für das 21. Jahrhundert"

Neues strategisches Konzept

Deutschland wird sich auf dem kommenden NATO-Gipfel für eine grundlegende Neuausrichtung des westlichen Militärbündnisses einsetzen. Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag (26. März) im Bundestag und erhielt dafür Rückendeckung fast aller Fraktionen. Lediglich die Linke, deren Abgeordnete im Parlament Friedensfahnen entrollten, forderte eine Auflösung der NATO. Die Allianz wird am 3. und 4. April in Straßburg, Baden-Baden und Kehl den 60. Jahrestag ihrer Gründung begehen.

Für Merkel hat dieser erstmals von zwei Ländern ausgerichtet Gipfel eine "historische Dimension". Dass Deutschland und Frankreich gemeinsam den NATO-Gipfel veranstalteten, zeige doch, dass aus Feinden Freunde werden können. Mit Blick auf den Mauerfall 1989 sagte sie: "Deutschland hat der NATO und der Solidarität unserer Verbündeten viel zu verdanken." Dieses Jahr könne das wiedervereinigte Deutschland "20 Jahre deutsches und europäische Glück" feiern.

Die SPD begrüßte Merkels Forderung, im neuen strategischen NATO-Konzept der Prävention einen deutlich höheren Stellenwert einzuräumen. Die NATO müsse vor allem eine "Präventionsgemeinschaft" sein, sagte Fraktionsvize Walter Kolbow und sprach sich dafür aus, einen "zivilen Arm" zu schaffen. Zudem müsse die Allianz enger mit der UNO, Europäischer Union oder OSZE zur Verhinderung von Krisen zusammenarbeiten. "Jetzt ist der Zeitpunkt für eine grundsätzliche Verständigung für Perspektiven für das nächste Jahrzehnt", hob Kolbow hervor.

FDP-Chef Guido Westerwelle rief die Bundesregierung auf, sich bei der Neugestaltung des Verteidigungsbündnisses einzumischen und mehr auf Abrüstung zu setzen. "Das Fenster der Möglichkeiten ist jetzt geöffnet", sagte er. Mit Blick auf weltweite Einsätze, die Merkel als künftiges Wesensmerkmal der Allianz angesehen hatte, fügte Westerwelle hinzu, die NATO dürfe "keine Ersatz-UNO" sein. Skeptisch zeigte sich der FDP-Chef zur Frage der Aufnahme neuer Mitglieder. "Die NATO muss in jedem Einzelfall die Frage beantworten ob eine Aufnahme mehr Sicherheit für das Bündnis bedeutet und ob sie in der Lage ist, ihre Bündnisverpflichtungen einzuhalten."

Ähnlich zurückhaltend äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Man müsse aufpassen, dass sich "die NATO nicht überdehnt". Ramsauer unterstrich, jeder Beitritt müsse "ein Mehr an Sicherheit für die gesamte Allianz" bringen. Das wäre bei Georgien und der Ukraine derzeit nicht der Fall, da beide Länder die Beitrittskriterien nicht erfüllten. Merkel hatte zuvor allgemein gesagt, für beide Länder sollte die Beitrittsperspektive erhalten bleiben.

Linksparteichef Oskar Lafontaine wandte sich strikt gegen Erweiterungsdebatten, sondern plädierte für eine Auflösung des 1949 gegründeten Bündnisses. Die NATO habe sich zu einem "Interventionsbündnis" entwickelt, begründete er seine Forderung. Wer auf humanitäre Intervention setze, der mache sich "moralisch unglaubwürdig". Daher sollte die Allianz durch eine Verteidigungsgemeinschaft ersetzte werden, der auch Russland angehören sollte. Erneut forderte Lafontaine den Rückzug deutscher Truppen aus Afghanistan.

Bundesausschuss Friedensratschlag hält NATO für gefährlich und überflüssig

Die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Lühr Henken und Peter Strutynski, kritisierten, die NATO habe vier Jahrzehnte lang behauptet, sich gegen einen aggressiven und bis an die Zähne bewaffneten Feind aus dem Osten, den Warschauer Pakt, verteidigen zu müssen. "Als 1991 die östliche Führungsmacht UdSSR und der Warschauer Pakt in einem Akt der Selbstauflösung von der historischen Bühne verschwanden, wäre die NATO konsequenterweise ebenfalls am Zug gewesen, sich aufzulösen", meinen Henken und Strutynski. Dass sie es nicht tat, sondern in dieser Umbruchsituation nach neuen Begründungen für ihre Existenz suchte, zeige, dass sie sich doch nicht ausschließlich als "Verteidigungsbündnis" verstanden habe.

Auch Frau Merkel sei es in ihrer Regierungserklärung nicht gelungen, den Sinn des Militärbündnisses nach dem Ende der Blockkonfrontation zu erklären. Die Fortexistenz der NATO in einer Welt ohne militärischen Gegner stellt nach Auffassung von Henken und Strutynski "für die 'Ausgeschlossenen' eine Bedrohung dar und wird über kurz oder lang neue Militärbündnisse auf den Plan rufen".

Mit der Gipfelerlärung von Rom im November 1991 habe die NATO den entscheidenden Paradigmenwechsel eingeleitet: "An die Stelle des Verteidigungsauftrags rückte seither der Kampf gegen alle möglichen neuen 'Risiken': vom internationalen Terrorismus über die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen über die zunehmende Armut und den Hunger in der Welt, die Umwelt- und Ressourcenkrise bis hin zu den schwachen und gescheiterten Staaten ('failde states') sowie der möglichen Unterbrechung des freien Welthandels und des Zugangs zu lebenswichtigen Rohstoffen."

Der Friedensratschlag wirft der NATO vor, mit der Erweiterung des Sicherheitsbegriffs über das militärisch Notwendige hinaus potentiell alle möglichen zivilen Bereiche zu "versicherheitlichen", das heißt zu einer Angelegenheit der Militärs zu machen.

Mit dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 habe die NATO unter Beweis gestellt, dass sie bereit und in der Lage ist, auch "out of area", also außerhalb des im NATO-Vertrag von 1999 festgelegten Verteidigungsraums, und unter Bruch des Völkerrechts Kriege gegen Drittstaaten zu führen. Die damalige Begründung, in einer Art "Nothilfe" die serbische Provinz Kosovo vor einer "humanitären Katastrophe" zu bewahren, habe sich sich als vorgeschoben erwiesen. "Flucht und Vertreibung begannen erst mit dem Auftauchen der NATO-Kampfflugzeuge und der Bombardierung serbischer Städte und Einrichtungen. Das hindert die Bundeskanzlerin nicht, den damaligen Krieg auch heute noch zu rechtfertigen", kritisieren Henken und Strutynski.

Das Führen und die Androhung von Angriffsskriegen sei aber laut UN-Charta und laut Grundgesetz der BRD verboten. "Die NATO-Kommandeure und die Politiker, die den Krieg anordneten, sind alle straffrei geblieben." Der Friedensratschlag fordert endlich eine unmfassende Untersuchung des "Kosovo-Kriegs" durch eine unabhängige UN-Kommission.

Henken und Strutynski weisen zudem darauf hin, dass sich die NATO 1999 ein neues strategisches Konzept gegeben habe, "das sowohl Out-of-Area-Einsätze als auch den atomaren Erstschlag gegen Staaten, die selbst nicht über Atomwaffen verfügen, vorsieht". Der Friedensratschlag fordert die NATO auf, unverzüglich die Option des Ersteinsatzes von Atomwaffen aufzugeben und gemäß dem Atomwaffensperrvertrag die vollständige nukleare Abrüstung einzuleiten.

Seit 2001 befindee sich die NATO in einem andauernden "Krieg gegen den Terror": Im Mittelmeer, am Horn von Afrika und in Afghanistan. Gleichzeitig kämpfe die NATO in Afghanistan - und zunehmend auch auf pakistanischem Territorium - um die Stabilisierung des Regimes in Kabul und um die Kontrolle über das strategisch so wichtige zentralasiatische Land.

Die NATO habe die Zahl ihrer Soldaten seit Beginn des Krieges verzwölffacht. Dies habe den Widerstand aber keineswegs geschwächt, sondern dramatisch gestärkt. Kanadas Regierung ziehe ihre Truppen - immerhin das viertgrößte NATO-Kontingent - planmäßig 2011 ab. Der kanadische Ministerpräsident Harper begründete diesen Schritt wie folgt: "Ich glaube, dass wir diesen Aufstand niemals niederschlagen werden."

Henken und Strutynski kritisieren weiterhin, dass gegen die Verabredungen zwischen Gorbatschow und Bush anlässlich des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland die NATO in den neunziger Jahren eine forcierte Politik der Osterweiterung und der Aufrüstung der "neuen Partner" betrieben habe, "die zu einer fast totalen Einkreisung Russlands geführt hat".

Seit dem Ende des Kalten Krieges habe sich die NATO zunehmend die Aufgabe zu Eigen gemacht, "die Rohstoff- und Energiezufuhr militärisch abzusichern". Übungen ihrer bis zu 25.000 Soldaten starken Schnellen Eingreiftruppe (NRF), die binnen einer Woche jeden Ort auf der Erde erreichen könne, und die Piratenjagd mit NATO-Kriegsschiffen seien die bisher sichtbarsten Maßnahmen. Planungen der US-Regierung und der EU ihre Rohöl- und Erdgaseinfuhren in den nächsten Jahren drastisch zu erhöhen und die benötigte Infrastruktur auch militärisch abzusichern schafft nach Auffassung von Henken und Strutynski "neue gefährliche Konfrontationslinien".

Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert daher "eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energien und ein Ende der Rüstungspolitik, die auf Militärinterventionismus setzt".

Am 26-03-2009

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