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justiz

Kein Trennungsunterhalt nach Scheitern einer Ehe aufgrund eines anderen Partners

Auch Hetero-Beziehungen betroffen

Ein Ehepartner kann den Anspruch auf sogenannten Trennungsunterhalt verwirken, wenn er oder sie den Ehepartner wegen einer außerehelichen Beziehung verlässt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 17. April veröffentlichten Urteil entschieden. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) weist darauf hin, dass sich die Entscheidung im Gegensatz zu einer "irreführenden" Pressemitteilung des BGH und anderslautenden Berichten nicht auf lesbischen Beziehungen beschränkt. "Das Urteil bringt nichts Neues", meint Uta Kehr, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes. "Der BGH hat nur festgestellt, dass der- oder diejenige den Unterhalt verwirkt, der eine Ehe für einen anderen (nichtehelichen) Partner oder eine Partnerin verlässt." Ob die Partner einer gescheiterten Ehe homo- oder heterosexuell sind, sei also für die Unterhaltsverpflichtungen nicht ausschlaggebend. "Alles andere wäre auch skandalös", meint der Verband.

Karlsruhe prüft Beschwerden wegen Bundestagswahl 2005

Paradoxer Effekt des "negativen Stimmgewichts"

Das Bundesverfassungsgericht hat sich am 16. April mit zwei Beschwerden im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2005 befasst. Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe griffen die Kläger - zwei Wähler - generell das paradoxe wahlrechtliche Phänomen des "negativen Stimmgewichts" an. Demnach kann der Gewinn von Zweitstimmen für eine Partei bei eben dieser Partei zu einem Sitzverlust im Bundestag führen - die Stimmen erhalten dann ein "negatives Gewicht". Dieser Effekt kann bei Überhangmandaten auftreten. Der Berichterstatter in dem Verfahren, Richter Rudolf Mellinghoff, sprach von einem "hochkomplexen System", das für den Wähler "nur schwer durchschaubar" sei.

Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofes unter neuer Leitung

Jörg-Peter Becker

Der Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe hat einen neuen Vorsitzenden Richter. Nach zweimonatiger Vakanz wird der 3. Strafsenat jetzt von Jörg-Peter Becker geleitet, wie der BGH am 15. April in Karlsruhe mitteilte. Becker folgt auf Klaus Tolksdorf, der seit Ende Januar neuer Präsident des Bundesgerichtshofs ist. Becker war seit 2007 bereits stellvertretender Vorsitzender des 3. Strafsenats.

Laut Richterbund fehlen bundesweit 4000 Richter und Staatsanwälte

"Gerechtigkeit könnte verhandelbar werden"

Nach Angaben des Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Oberstaatsanwalt Christoph Frank, fehlen bundesweit 4000 Richter und Staatsanwälte. Es sei ein zentrales Problem, dass es den Justizministern nicht gelinge, den selbst ermittelten Bedarf gegenüber den Finanzministern durchzusetzen, sagte Frank der "Rheinischen Post". Frank bezog sich bei seinen Zahlen auf das Ergebnis einer externen Untersuchung, die eine Unternehmensberatung im Auftrag der Landesjustizverwaltungen vorgenommen hatte.

Polizei-Informant bei "Sturm 34" belastet Chemnitzer Staatsschützer

Spitzeldienste

Im Prozess gegen die verbotene rechtsextreme Kameradschaft "Sturm 34" vor dem Landgericht Dresden hat einer der Angeklagten die Chemnitzer Polizei belastet. Am zweiten Verhandlungstag sagte der frühere Informant der Polizei erstmals aus, dass er bereits seit Ende 2005 als Informant für die Staatsschutzabteilung tätig geworden sei.

Kläger gegen Atomanlagen erhalten mehr Rechte

Bundesverwaltungsgericht fällt Grundsatzurteil

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 10. April in einem Grundsatzurteil die Rechte der Anwohner von Atomanlagen gestärkt. Im konkreten Fall fühlte sich ein Anwohner des Zwischenlagers beim Atomkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein nicht genügend vor möglichen Terrorangriffen geschützt und hatte deshalb vor dem Bundesgericht geklagt. Die Richter unter Vorsitz von Wolfgang Sailer verwiesen die Sache zur Neuverhandlung an das Oberverwaltungsgericht Schleswig zurück, das die Klage des Mannes in erster Instanz abgewiesen hatte. Die Anwohner von Atomanlagen seien einem "besonderen Risikopotenzial" - auch durch mögliche Terroranschläge - ausgesetzt, argumentierte Sailer. Deshalb sei es nach Auffassung des Gerichts "bundesrechtswidrig", ihnen das Recht auf eine gerichtliche Überprüfung ihres individuellen Schutzes etwa vor gezielten Flugzeugabstürzen oder Angriffen mit panzerbrechenden Waffen abzusprechen. Die betroffenen Nachbarn solcher Anlagen hätten sogenannten Drittschutz, also ein individuelles Klagerecht, urteilten die Bundesrichter.

Karlsruhe billigt erhöhte Beitragslast für Rentner

Betriebsrenten

Die seit 2004 geltende Belastung von Betriebsrenten mit dem vollen Krankenversicherungsbeitrag ist verfassungsgemäß. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die entsprechende Gesetzesänderung sei als Teil eines Maßnahmekatalogs zur Erhaltung der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu beanstanden, hieß es in dem am Freitag veröffentlichten Beschluss.

Volksbegehren gegen Transrapid nicht zulässig

"Kein Volksentscheid über Staatshaushalt"

Das Volksbegehren gegen den Münchner Transrapid ist nicht zulässig. Das geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 4. April in München hervor. Das Gericht urteilte trotz des vor rund einer Woche beschlossenen Endes für das Milliardenprojekt über die Zulässigkeit des Volksbegehrens.

Im Dresdner "Sturm-34-Prozess" angeblich auch V-Mann angeklagt

Sächsischer Staatsschutz

Im Prozess gegen führende Mitglieder der verbotenen Neonazi-Kameradschaft "Sturm 34" wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung muss sich offenbar auch ein Informant des sächsischen Staatsschutzes verantworten. Das berichtete die "Freie Presse". Welche Auswirkungen die Beteiligung des V-Mannes auf den Verlauf des Prozesses haben wird, sei derzeit nicht absehbar. Die Staatsanwaltschaft Dresden wollte den Zeitungsbericht am 2. April weder bestätigen noch dementieren. Auch das sächsische Innenministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem Verfahren.

Verfassungsbeschwerde gegen Atommüllendlager "Schacht Konrad" unzulässig

Salzgitter scheitert in Karlsruhe

Die Stadt Salzgitter ist mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das geplante Atommüllendlager "Schacht Konrad" gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verwarf die Klage in dem am 26. März veröffentlichten Beschluss als "unzulässig". Eine Gemeinde könne sich bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben nicht auf Grundrechte berufen und sei damit "nicht beschwerdefähig". Die Stadt sah ihre "allgemeine Handlungsfreiheit" und das "Grundrecht auf rechtliches Gehör" verletzt. Die Verfassungsbeschwerde eines Landwirts aus Salzgitter ist dagegen weiterhin in Karlsruhe anhängig, wie ein Gerichtssprecher sagte. Wann darüber entschieden werde, sei noch völlig offen. Dieses und das Salzgitter-Verfahren seien "zwei verschiedene Verfahren".

Stadler fordert eine an Bürgerrechten orientierte Innenpolitik

"Vorratsdatenspeicherung ganz kippen"

Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung als eine erneute Niederlage der Bundesregierung bezeichnet. Sie sollte Anlass sein für die Regierung, aber auch für die große Koalition, endlich zu einer Innen- und Rechtspolitik zurück zu kehren, die sich an den Bürgerrechten orientiere, sagte Stadler der "Berliner Zeitung". Die Entscheidung der Karlsruher Richter sei ein erster Schritt, die Vorratsdatenspeicherung ganz zu kippen.

Polizeigewerkschaft kritisiert "schlampige Gesetze"

Elf Gesetze zur inneren Sicherheit waren verfassungswidrig

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht zur automatischen Kennzeichenerfassung hat die Gewerkschaft der Polizei (DPolG) die Innenpolitiker in Bund und Ländern scharf kritisiert. "Schlampige Gesetze verunsichern die Bürger, aber auch die Polizisten", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt der "Berliner Zeitung". "Polizisten müssen mit Gesetzen ihre Arbeit machen, die entweder kassiert oder korrigiert werden", beklagte Wendt. Die Beamten hätten zunehmend das Gefühl, sich in rechtlichen Grauzonen zu bewegen. Deshalb würden sie neue Gesetze inzwischen verhalten anwenden, vor allem dann, wenn Verfassungsklagen liefen.

Breite Zustimmung im Bundestag für EU-Reformvertrag

"Substanz der gescheiterten EU-Verfassung erhalten"

Deutschland will den neuen Grundlagenvertrag für Europa bis Ende Mai ratifizieren und damit zu den Vorreitern unter den EU-Ländern gehören. Dafür gab es am 13. März im Bundestag eine breite parlamentarische Zustimmung. Bei der ersten Lesung des Ratifizierungsgesetzes sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), es sei gelungen, mit dem Reformvertrag die "wesentliche Substanz" der gescheiterten EU-Verfassung zu erhalten. Lediglich die Linksfraktion lehnte den Vertrag ab. Die EU-Verfassung war am Widerstand der Bevölkerung in Frankreich und in den Niederlanden gescheitert. Nach intensiven Diskussionen lehnten die Bevölkerungen dieser Länder in Referenden mehrheitlich ab. In Deutschland lehnte die Politik die Durchführung von Referenden ab. Den EU-Reformvertrag möchte man zügig ratifizieren, um eine Diskussion über dessen Inhalte aus dem Europawahlkampf herauszuhalten.

Karlsruhe präzisiert die "Staatsfreiheit" des Rundfunks

Niederlage für Roland Koch

Politische Parteien dürfen von der Beteiligung an privaten Rundfunksendern nicht vollständig ausgeschlossen werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am 12. März entschieden. Die Karlsruher Richter kippten eine entsprechende Regelung in Hessen und präzisierten zugleich den Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks. Dem Urteil zufolge darf der Gesetzgeber zwar Parteien eine Beteiligung an privaten Rundfunkunternehmen insoweit untersagen, als sie "bestimmenden Einfluss auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte" nehmen könnten. Ein absolutes Beteiligungsverbot für Parteien sei aber verfassungswidrig, weil es gegen die Rundfunkfreiheit verstoße. Das Urteil des Zweiten Senats fiel denkbar knapp mit fünf zu drei Stimmen. De facto ist von der Entscheidung nur die SPD betroffen, die als einzige deutsche Partei traditionell Beteiligungen an Medien hält. Eine Normenkontrollklage der SPD-Bundestagsfraktion gegen das hessische Privatrundfunkgesetz war nun erfolgreich.

Roland Kochs automatische Kennzeichenkontrolle ist verfassungswidrig

Höchstrichterliche Warnung vor dem Überwachungsstaat

Die in Hessen unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und in Schleswig-Holstein praktizierte automatische Erfassung von Autokennzeichen durch die Polizei verstößt gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am 11. März in Karlsruhe. Datenschützer und Bürgerrechtler warnen seit Jahren vor einem Überwachungsstaat in Deutschland. Bei Sicherheitspolitikern ernteten sie meist Unverständnis. Nun wurden die Kritiker höchstrichterlich bestätigt. Die Karlsruher Richter folgten weitgehend der Argumentation des Rechtsanwalts dere drei klagenden Autofahrer, Udo Kauß. Er hatte in der Verhandlung betont, dass die Polizei durch die Kennzeichenerfassung "zu einer massenhaften heimlichen Beobachtung von Unverdächtigen ermächtigt" werde. Das sei eine "neue Qualität der Kontrolle" und ein Vorgehen, das sonst nur in einem "Polizeistaat" üblich sei.

Strafantrag Schaars gegen Kassen-Mitarbeiter wegen Datenweitergabe

Gezielte Werbung

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat der IKK Weser-Ems und der IKK Hamburg Verstöße gegen das Datenschutzrecht von "außergewöhnlicher Schwere" vorgeworfen. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, sollen die Kassen persönliche Daten, zum Beispiel Krankenversicherten- und Telefonnummern, ihrer Versicherten an die private "Signal"-Krankenversicherung weitergegeben haben, damit diese am Telefon gezielte Werbung für ihre Angebote machen kann.

Angeklagte gestehen Brandanschlag auf Ausländer-Wohnhaus in Bad Windsheim

Hass auf Ausländer

Die vier wegen eines Brandanschlages auf ein Ausländer-Wohnhaus in Bad Windsheim angeklagten Jugendlichen haben sich am 6. März zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth geständig und reuig gezeigt. Die 17, 18 und 19 Jahre alten Angeklagten hätten sich zum Tatzeitpunkt im Oktober 2006 der rechten Szene zugeordnet und aus Hass auf Ausländer gehandelt, sagte ein Justizsprecher. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen versuchten gemeinschaftlichen Mord in 42 Fällen zur Last, da sie aus niedrigen Beweggründen heimtückisch gehandelt hätten.

Haftbefehl gegen 20-Jährige nach rassistischem Angriff

Mordmerkmale

Nach dem rassistisch motivierten Angriff auf einen dunkelhäutigen Mann am 2. März im Berliner S-Bahnhof Frankfurter Allee sitzt die 20-jährige mutmaßliche Täterin in Untersuchungshaft. Die Frau hatte den Angaben zufolge das 19-jährige Opfer zunächst attackiert und dann vor eine einfahrende S-Bahn ins Gleisbett gestoßen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsrichter einen Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts des versuchten Mordes erlassen, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, am 3. März mit. Den Ermittlungen zufolge hatte die 20-jährige Berlinerin den Mann am Sonntagmorgen am S-Bahnhof Frankfurter Allee geschlagen und dann vor einen herannahenden S-Bahn-Zug gestoßen.

Karlsruhe erlaubt heimliche Online-Durchsuchungen und schafft neues Grundrecht

NRW-Gesetz ist verfassungswidrig und nichtig

Das Bundesverfassungsgericht hat heimliche Online-Durchsuchungen privater Computer unter strengen Auflagen für zulässig erklärt. Diese verdeckte Fahndungsmethode dürfe aber nur dann angewandt werden, wenn es Anhaltspunkte einer "konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut" gebe, entschieden die Karlsruher Richter am 27. Februar. Zugleich schuf das Verfassungsgericht erstmalig ein "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme", um den Schutz vor staatlichen Eingriffen zu erhöhen. Die Verfassungsrichter stützten das neue Grundrecht in dem 106-seitigen Urteil auf die bestehenden Grundrechte einer freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie auf die Menschenwürde.

Erhöhung von 40 auf 42 Wochenstunden in Bayern verfassungsgemäß

Karlsruhe billigt Arbeitszeitverlängerung für Landesbeamte

Landesbeamten darf grundsätzlich eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden abverlangt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Karlsruher Richter billigten in einem am 19. Februar veröffentlichten Beschluss die seit September 2004 geltende Arbeitszeitverlängerung für Beamte in Bayern von 40 auf 42 Wochenstunden. Das Vorgehen sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Damit verletze der Freistaat Bayern als Dienstherr nicht die Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten. "Eine Gesundheitsgefahr geht von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden nicht aus", so das Gericht.