Bahn entschädigt nur im Fernverkehr
Verspätet
Positiv an den neuen Kulanzregelungen sei vor allem, dass für eine Entschädigungsleistung die gesamte Wegstrecke, also auch verpasste Anschlüsse auf die 60 Minuten angerechnet würden. Doch in vielen Fällen stoße dieses Zugeständnis rasch an seine Grenzen: Denn die Ausgleichszahlungen würden nicht für Nahverkehrszüge und Verbindungen privater Bahnunternehmen gewährt. "Außerdem fallen die Bestimmungen der neuen Kundencharta in vielen Fällen hinter die bisherigen Kulanzregelungen der Deutschen Bahn zurück", moniert die Verbraucherzentrale NRW. Bislang erhielten zum Beispiel ICE-Reisende schon nach 30-minütiger Verspätung einen Reisegutschein von zehn Euro. Künftig müssten sie mindestens eine Stunde auf den Zug warten, bevor sie überhaupt etwas zurückerhalten. Kundenfreundlicher sei zudem, Fahrgästen statt eines Reisegutscheins die fällige Geldsumme zu überweisen.
Dass Kundenorientierung keine utopische Forderung, sondern bereits gängige Praxis ist, zeige ein Blick auf die Entschädigungsleistungen in den Niederlanden. Dort erhalten Fahrgäste seit 2001 ab 30 Minuten Verspätung den halben und ab 60 Minuten Verzug sogar den vollen Ticketpreis erstattet. Der Geldbetrag werde aufs Konto überwiesen. Die Entschädigung gelte für alle Züge des Binnenverkehrs. Auch in punkto Kundenservice könne sich die Deutsche Bahn einiges von ihren niederländischen Kollegen abgucken: Schlichte Formulare mit einem integrierten Freiumschlag liegen an den Verkaufsschaltern aus. Entschädigungsansprüche seien von den Niederländischen Staatsbahnen seit 2001 bislang nur an zwei Tagen wegen höherer Gewalt abgelehnt worden. Positive Nebeneffekte: Pünktlichkeit der Züge und Zufriedenheit der Fahrgäste seien im Nachbarland deutlich gestiegen.