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Bund soll sich um Langzeitarbeitslosigkeit kümmern

Städte und Gewerkschaften

Gewerkschaften und Kommunen warnen den Bund davor, sich mit der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe aus der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit zurückzuziehen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, forderte in dem Zusammenhang, der Vermittlung von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt stärker Vorrang einzuräumen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) forderte, die Bundesanstalt für Arbeit dürfe von der Politik nicht zum Sündenbock für eine unzureichende Arbeitsmarktpolitik gemacht werden. Langzeitarbeitslose dürften nicht "an private Vermittler abgeschoben" werden.

Articus vom Städtetag machte zugleich deutlich, dass der Städtetag Modellprojekte für eine engere Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialämtern unterstützt. Durch diese Kooperation könnten die unterschiedlichen Instrumente von Arbeits- und Sozialämtern für eine Wiedereingliederung von Arbeitslosen wirksamer eingesetzt werden. Die Vermittlung von Arbeitslosen sei aber keine Aufgabe der Städte.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Zusammenschluss der kleineren Kommunen, unterstrich, die Probleme der Erwerbslosigkeit dürften nicht auf die Schultern der Kommunen abgeladen werden. Der Hauptgeschäftsführer der Organisation, Gerd Landsberg, nannte es in der Chemnitzer "Freien Presse" einen Irrglauben anzunehmen, dass sich durch die Vereinheitlichung der beiden Systeme Milliarden einsparen ließen. Das ginge letztlich zu Lasten der Kommunen und sei nicht zu akzeptieren. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe solle nicht überstürzt werden. Nach Ansicht von Landsberg ist dies nicht vor Mitte der nächsten Legislaturperiode möglich. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) strebt dies "vor 2006" an.

Am 22-05-2001

Arbeitslosigkeit

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert die 4-Tage-Woche, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Bei Volkswagen habe "dieses Modell 1994 rund 20.000 bis 30.000 Jobs gerettet", sagte Reinhard Dombre, Leiter der Abteilung Tarifpolitik des DGB. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte mehr Flexibilisierung. Der CDU-Wirtschaftsexperte Peter Rauen kündigte im Falle eines Wahlsieges zusätzlich die Schaffung eines Niedrig-Lohn-Sektors an. Damit lasse sich in sechs Jahren Vollbeschäftigung erreichen.

Die Sprecherin der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Christiane Zerfaß, sagte, man müsse "alle Formen der Arbeitszeitverkürzung nutzen, um die Arbeit neu zu verteilen". Der "Bild"-Zeitung zufolge will die IG Metall von 2003 an eine schrittweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 28,5 Stunden anstreben.

Der Wirtschaftsweise Wiegard lehnte den DGB-Vorstoß ab. "Wenn ein Diplomingenieur bei Gehaltsverzicht einen Tag weniger arbeitet, kann er nicht einfach von einer ungelernten Arbeitskraft ersetzt werden", sagte das Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Er sagte allerdings nicht, warum Diplomingenieure am fünften Tag nicht durch Diplomingenieure ersetzt werden könnten.

Auch Gustav Horn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) riet zu moderaten Tarifabschlüssen. Der Vorstoß von SPD-Fraktionschef Peter Struck, den Überstundenabbau gesetzlich zu regeln, sei ein "Angriff ins Leere", da sich die Zahl der Überstunden nicht eins zu eins auf die Zahl der Arbeitslosen übertragen lasse. Horn räumte ein, die Arbeitgeber seien bei der Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen "notorisch unflexibel".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, versprach der Wirtschaft, derzeit sei kein Gesetz gegen Überstunden geplant. Struck habe die Arbeitgeber lediglich an ihre Verantwortung erinnern wollen.

Derweil beklagte Hundt erneut, Gesetze wie etwa der Rechtsanspruch auf Teilzeit stellten zusätzliche Belastungen für die Unternehmen dar. Er plädierte stattdessen für einen flächendeckenden Einstieg in den Kombilohn. Damit könnte es für gering Qualifizierte attraktiver werden, eine Tätigkeit anzunehmen. Außerdem schlug er eine Lockerung des Kündigungsschutzes für ältere Arbeitnehmer sowie schärfere Sanktionen gegen Arbeitsunwillige vor. Hundt sagte nicht, welche Arbeit ältere Arbeitnehmer dann finden könnten.

Rauen will den Druck auf Arbeitslose erhöhen, um sie zur Annahme einer Niedriglohnstelle zu bewegen. Wer arbeiten könne, aber nicht wolle, solle keine Arbeitslosenunterstützung mehr erhalten. Bei einem Wahlsieg will die Union als ersten Schritt ihre von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 zurückgenommenen Gesetze wieder in Kraft setzen. So solle etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wieder eingeschränkt werden.

Am 31-07-2001

Arbeitslosigkeit

Die erhoffte Wende auf dem deutschen Arbeitsmarkt kommt nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erst im Jahr 2003. Im Jahresschnitt 2002 rechne er mit mindestens vier Millionen Arbeitslosen, sagte DIW-Präsident Klaus F. Zimmermann dem Wirtschaftsmagazin "Focus-Money". Die Konjunktur werde zur Jahresmitte wieder anziehen. Die von den Gewerkschaften angekündigte "harte Lohnrunde" mit Forderungen von bis zu sieben Prozent wertete Zimmermann als ein "verheerendes Signal". Gebraucht würden differenziertere Forderungen und Abschlüsse mit längeren Laufzeiten.

Von der in der rot-grünen Koalition diskutierten Anhebung der Einkommensgrenze der 630-Mark-Jobs hält Zimmermann nichts. "Wer Arbeitslosen- oder Sozialhilfe bezieht, dem bringt auch eine Grenze von 1200 Mark nichts. Das Einkommen wird ihm ohnehin von der staatlichen Hilfe abgezogen", hob Zimmermann hervor. Die Unternehmen würden eine höhere Einkommensgrenze nur nutzen, um noch mehr reguläre Arbeitsplätze aufzuteilen. Das hätte massive Verwerfungen zur Folge. Außerdem seien enorme Lohnsteuerausfälle zu befürchten, die sich Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kaum leisten könne.

Für Arbeitslose und arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger rechne es sich schlicht nicht, Jobs anzunehmen, wenn ihnen das Einkommen vollständig wieder abgezogen werde, gab Zimmermann zu bedenken. Er plädierte dafür, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzufassen und diese Zuwendungen Arbeitsfähigen nur noch zukommen zu lassen, wenn sie bereit seien, Arbeit anzunehmen.

Am 02-01-2002

Kriegsdienst

Abiturienten und Arbeitslose werden eher zum Kriegs- oder Zivildienst herangezogen als andere junge Männer. Vermutlich seien eine höhere Zahl der Verweigerer bei Abiturienten sowie bessere Bildungschancen für Arbeitslose verantwortlich für diesen Trend, stellte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fest.

Abiturienten, die in den 40er Jahren geboren wurden, hatten noch eine geringere Wahrscheinlichkeit, einen Dienst zu leisten, als gleich alte Männer mit mittlerer Reife. Dieses Verhältnis dreht sich mit Geburtsjahrgängen der 60er und 70er Jahre. Die Wissenschaftler erklären dies mit der steigenden Zahl von Kriegsdienstverweigerern, die fast immer zur Ableistung eines Zivildienstes herangezogen werden. Wehrdienst wird überwiegend von Abiturienten verweigert. Zum anderen lassen sie sich nach dem Abitur recht einfach zum Dienst heranziehen, während dies schwieriger wird, wenn sie ein Studium aufgenommen haben, führt das DIW als Begründung an.

Jugendliche, die mit 23 und 24 Jahren bereits arbeitslos waren, nehmen ebenfalls häufiger einen Dienst auf. Sie wollen wahrscheinlich ihre berufliche Position mit der Bundeswehr verbessern, indem sie sich während des Dienstes weiterqualifizieren oder den dauerhaften Verbleib bei der Bundeswehr anstreben, vermuten die Wissenschaftler.

Am 07-05-2002

Rückgang der Arbeitslosigkeit

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) rechnet im kommenden Jahr mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit. "Die Arbeitslosigkeit wird im kommenden Jahr spürbar zurückgehen, weil die Konjunktur wieder in Fahrt kommt und die Unternehmen verstärkt einstellen werden", sagte Müller der Tageszeitung "Die Welt" vom Montag. Im Sommer 2003 werde die Erwerbslosigkeit auf 3,5 Millionen sinken, "eher weniger". Zugleich zeigte sich Müller zuversichtlich, bis 2010 Vollbeschäftigung zu erreichen. "Dafür sprechen schon demographische Gründe, die Zahl der Arbeitskräfte wird abnehmen", sagte Müller.

Optimistisch äußerte sich Müller zu den Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft. "Die Konjunktur wird im zweiten Halbjahr deutlich anziehen", sagte Müller der Zeitung. Für das laufende Jahr rechne er wegen der positiven Exportentwicklung mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 1,0 Prozent, für 2003 mit bis 3,0 Prozent. Zur Begründung sagte der Bundeswirtschaftsminister, die Stimmungsdaten und die Stimmungsbarometer zeigten in Richtung Aufschwung. Offiziell rechnet die Bundesregierung in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 0,75 und im kommenden Jahr mit 2,5 bis 3,0 Prozent.

Der derzeitige Euro-Kurs sei kein Grund zur Besorgnis, sagte Müller. Die Export-Entwicklung werde von der Euro-Aufwertung nicht beeinflusst. Er halte es für möglich, dass die Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar weiter zulege. "Jeder Kurs ist vorstellbar", sagte Müller dem Blatt. Das liege daran, dass die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklung der US-Wirtschaft "etwas überschätzt" werde.

Am 01-07-2002

Arbeitslosigkeit

In den neuen Bundesländern ist die Arbeitslosigkeit mit 17,7 Prozent (Mai 2002) doppelt so hoch wie in den alten Ländern mit 7,6 Prozent. Insgesamt sind im Osten Deutschlands knapp 1,38 Millionen Menschen ohne Job. Neben den bekannten Problemen im Zuge der Wiedervereinigung und der schlechten konjunkturellen Lage machen Experten dafür die im Osten deutlich ausgeprägtere Erwerbsneigung verantwortlich. So wollen in den neuen Ländern 76 Prozent aller Erwerbsfähigen gerne arbeiten, in den alten sind es dagegen nur 71 Prozent.

Im Jahr 2001 lag die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt zwar mit plus 0,2 Prozent (70 000 Personen) bundesweit höher als im Vorjahr. Allerdings machte sich dies nur in Westdeutschland bemerkbar, wo die Beschäftigtenzahl um 180 000 zunahm. Im Osten dagegen war die Erwerbstätigenzahl erneut rückläufig (minus 110 000). Insgesamt waren im Jahr 2001 in Deutschland durchschnittlich rund 3,85 Millionen Menschen arbeitslos, im Westen 2,48 Millionen und im Osten 1,37 Millionen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit geht davon aus, dass sich auch im Jahr 2002 die ostdeutsche Arbeitsmarktbilanz nicht verbessern wird. So werde die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt voraussichtlich um rund 30 000 auf 1,4 Millionen Personen steigen. Das Arbeitsangebot wird um 50 000 Stellen zurückgehen. Zugleich wird vermutlich die Zahl der Erwerbstätigen um 90 000 abnehmen. Bei der Prognose wurde ein mittleres Wirtschaftswachstum für den Osten von 0,5 Prozent zugrundegelegt.

Am 08-07-2002

Streit zwischen Regierung und Opposition über Ursachen

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Juni anders als in diesem Monat üblich gestiegen. Sie wuchs gegenüber Mai um 7.900 auf 3,954 Millionen, wie die Bundesanstalt für Arbeit am Dienstag in Nürnberg mitteilte. Der Anstieg konzentrierte sich dabei auf die neuen Länder. Eine Zunahme der Arbeitslosenzahl von Mai auf Juni hatte es zuletzt 1993 gegeben, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt, Florian Gerster. Die negative Entwicklung löste einen heftigen Streit zwischen Regierung und Opposition über die Ursachen aus. Während Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf die schwache Konjunktur verwies, machten Politiker von CDU, CSU, FDP und PDS Fehlentwicklungen unter Rot-Grün dafür verantwortlich.

Im Vergleich zum selben Vorjahresmonat wurden im Juni bundesweit 260.000 Erwerbslose mehr registriert. Die Quote lag wie im Vormonat bei 9,5 Prozent. Allerdings stieg vor allem die Jugendarbeitslosigkeit deutlich an. Mit 494.900 Arbeitslosen unter 25 Jahre waren es 21 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Gerster zeigte sich überzeugt, dass sich der Arbeitsmarkt im vierten Quartal sichtbar erholen wird. Im Jahresdurchschnitt werde die Zahl der Arbeitslosen wieder leicht unter vier Millionen sinken.

In den alten Ländern wurden im Juni 2,56 Millionen Arbeitslose gezählt. Das waren 180.200 mehr als vor einem Jahr und 900 weniger als im Mai. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 7,6 Prozent. In den neuen Ländern waren 1,394 Millionen Menschen ohne Arbeit, womit der höchste Juni-Stand seit der Wiedervereinigung registriert wurde. Das waren 79.800 mehr als vor einem Jahr und 8.900 mehr als vor einem Monat. Die Quote stieg von 17,7 auf 17,8 Prozent.

Die Entlastung durch die Arbeitsmarktpolitik fiel erneut geringer aus als früher. So belief sie sich im Juni auf nur noch 10.000 Personen mehr als vor Jahresfrist, während es im Mai 20.000 und im April 40.000 Personen waren. Gerster kündigte an, ab 16. August würden alle die Vorschläge der Hartz-Kommission zügig umgesetzt, die ohne eine Gesetzesänderung möglich seien. Er räumte allerdings ein, dass der Löwenanteil der Vorschläge erst vom Gesetzgeber erarbeitet werden müsse. Dies solle im Winterhalbjahr geschehen.

Schröder betonte, Deutschland habe einen der größten Wirtschaftseinbrüche der vergangenen zehn Jahre zu verkraften. Nun müsse einerseits über Wachstum und andererseits über Arbeitsmarktreformen Entlastung auf dem Arbeitsmarkt erzielt werden, sagte Schröder im Deutschlandfunk. Ähnlich erklärte Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) in Berlin, dass die "Konjunkturkrise der Weltwirtschaft" tiefere Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlasse als noch vor wenigen Wochen erwartet. Er gehe jedoch davon aus, dass die Unternehmen rasch von Zurückhaltung in der Personalpolitik auf Expansion umschalten.

Dagegen bezeichnete Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) die Arbeitslosenzahlen als ein "Dokument des verheerenden Versagens" der Bundesregierung. Diese habe wichtige Reformen seit Jahren verschleppt. Schröders Hinweis auf die weltwirtschaftlichen Bedingungen sei ein "plumpes Ablenkungsmanöver", sagte Stoiber in München. Unions-Fraktionsvize Horst Seehofer (CSU) forderte Riester zum Rücktritt auf. Die negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sei hausgemacht, und einer der Hauptverantwortlichen dafür sei Riester, erklärte Seehofer in Berlin.

Der stellvertretende Vorsitzende FDP Rainer Brüderle kritisierte, die Regierung habe mit ihren regulierenden Maßnahmen die Dynamik am Arbeitsmarkt "endgültig zum Stillstand gebracht". Nach Auffassung von PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch gehört "ein neuer Politikansatz" auf die Tagesordnung.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt wertete die Zahlen als Beweis dafür, "dass die Bundesregierung mit ihrer von Regulierung und Umverteilung geprägten Politik an der ökonomischen Realität gescheitert ist". Sie dürfe sich nun nicht länger vor grundlegenden Reformen drücken.

Der DGB zeigte sich "vorsichtig optimistisch", dass es im Verlauf des Sommers mit den Wachstumszahlen wieder aufwärts gehe. Das werde sich auch in sinkenden Arbeitslosenzahlen niederschlagen, erklärte DGB-Bundesvorstandsmitglied Heinz Putzhammer.

Am 09-07-2002

Vorschläge der Hartz-Kommission

Der Arbeitskreis Wirtschaft der ödp (Ökologisch-Demokratische Partei) äußert zur Umsetzung der Hartz-Vorschläge, sie seien einige sinnvolle Notmaßnahmen zur kurzfristigen Linderung der Arbeitslosigkeit - aber leider kein sinnvolles System für einen langfristigen Ausweg aus der Krise, die ständig durch Wegrationalisieren von Arbeit verschärft wird. Stattdessen schlägt sie ein langfristiges System im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft vor.

Die Sprecher der Arbeitskreise Wirtschaft und Demokratie, Stefan Schwab und Dieter Kuhn von der ödp meinen: „Der Arbeitsmarkt braucht eine Steuerung analog dem Wirken einer Notenbank: Wie diese mit Zinshöhe und Geldmenge für einen stabilen Geldwert sorgt, soll die Bundesanstalt für Arbeit mit variablen Sozialabgaben für die Verteilung der Arbeit und stabile Vollbeschäftigung sorgen. Das bedeutet: Je höher Arbeitszeit und Einkommen über dem Durchschnittsniveau liegen, desto mehr Sozialabgaben sind zu zahlen. Und umgekehrt: Menschen mit geringem Einkommen, besonders Kinder Erziehende, werden entlastet.“

Das schaffe einen Anreiz, Arbeit und Einkommen auf alle Arbeitsfähigen zu verteilen und für die Beschäftigten mehr freie Zeit für Familie, Urlaub, Bildung, Hobby und Ehrenamt. Außerdem verbesserten sich die Chancen, durch Weiterbildung höhere Qualifikationen und Einkommen zu erzielen. Das System erreiche geringere Kosten und Beiträge im Gesundheitswesen und in der Rentenversicherung, mehr sozialen Frieden sowie weniger Gefährdung und Kosten durch Kriminalität, meint die ödp.

Die Abgaben würden so bemessen, dass sie zur weitgehenden Übereinstimmung von Stellenangebot und -nachfrage führen. Die Beschäftigten können frei wählen: kürzere Wochenarbeitszeit, Saisonarbeit, Urlaub zu Fortbildung, Umschulung oder Vorruhestand. Hohe Einkommen nach langer Ausbildung werden nicht belastet. Denn die Abgaben richten sich nach dem bisherigen Durchschnittseinkommen - einschließlich Ausbildungszeit. Auch hohe Einkommen, die ganze Familien versorgen, werden verschont. Denn die Abgaben werden nach dem Durchschnittseinkommen aller Familienmitglieder bemessen.

„Die Arbeitnehmer gewinnen soziale Sicherheit, Freizeit und einen höheren Netto-Einkommensanteil. Die Arbeitgeber gewinnen mehr Flexibilität für einen nachfragegerechten Personaleinsatz. Diese Verbindung sozialer Absicherung mit betriebswirtschaftlicher Vernunft stärkt den sozialen Frieden und die Wirtschaftskraft. Die soziale Sicherheit dämpft Konjunkturschwankungen. Schwache Nachfrage wird nicht länger mit Verschwendung von Steuergeldern, Inflation und Umweltschäden bekämpft, sondern mit der einzig treffenden Maßnahme: Verteilung der vorhandenen Arbeit.“, schliessen die ödp-Sprecher.

Am 01-10-2002

Speziell Osten belastet

Die Bundesanstalt für Arbeit (BA), wird ihre aktive Arbeitsmarktförderung im kommenden Jahr drastisch reduzieren. Die Ausgaben sollen um 1,37 Milliarden Euro oder 6,4 Prozent auf 20,16 Milliarden Euro verringert werden, wie aus dem am Freitag verabschiedeten Haushaltsentwurf für die Nürnberger Behörde hervorgeht. Die PDS kritisierte, dadurch werde speziell Ostdeutschland weiter belastet.

Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt hatte das Gesamtvolumen des Haushaltes mit 56,99 Milliarden Euro für 2004 festgestellt. Das macht bei geplanten Einnahmen von 51,78 Milliarden Euro einen Bundeszuschuss von 5,21 Milliarden Euro erforderlich.

Bereits in diesem Jahr hatte die Bundesanstalt die aktive Arbeitsförderung, zu der Fortbildungsmaßnahmen für Arbeitslose und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gehören, um eine Milliarde Euro gekürzt. Für das Arbeitslosengeld sind für 2004 insgesamt 29,5 Milliarden Euro vorgesehen, das sind voraussichtlich 350 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr benötigt werden. Im kommenden Jahr rechnet die Bundesanstalt mit durchschnittlich 4,36 Millionen Arbeitslosen.

Die erneuten Kürzungen bei der Arbeitsmarktförderung belasteten besonders den deutschen Osten, kritisierte PDS-Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz. Zusammen mit weiteren Maßnahmen wie der Umleitung von Investitionsfördermitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe Ost in den Westen sowie den weiteren Streichungen im Sozialbereich werde der Osten aufs Abstellgleis geschickt.

Am 14-11-2003

Wirtschaftsprognose 2004

Die gesamtwirtschaftliche Produktion wird dieses Jahres konjunkturell nur um 0,8 Prozent und unter Berücksichtigung des Arbeitstageeffektes um 1,4 Prozent steigen. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinen "Wintergrundlinien der wirtschaftlichen Entwicklung 2004/2005". Mit der hohen Bewertung des Euro werden die Importe im Vergleich zu den Vorjahren deutlich stärker zunehmen. Da die Binnenwirtschaft noch schwächelt, kann die Konjunktur insgesamt nur verhalten Fahrt aufnehmen. Für das kommende Jahr zeichnet sich eine leicht verbesserte Tendenz ab. Die gesamtwirtschaftliche Produktion wird im kommenden Jahr um 1,4 Prozent steigen. Die Rate ist daher konjunkturell merklich höher als 2004.

Achillesferse der Konjunktur bleibe laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung der private Verbrauch. Die jüngsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen von Bundestag und Bundesrat seien nicht geeignet, die Konsumschwäche zu durchbrechen. Vorherrschend für die verhaltene Nachfrage blieben die auch in diesem Jahr rückläufige Beschäftigung, der extrem niedrige Lohnzuwachs sowie die Verunsicherung der Konsumenten, die sich in einer zunehmenden Sparquote niederschlägt. Das von der Regierung geplante Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform, das ohnehin nur einen eher schwachen Konjunkturimpuls ausgelöst hätte, finde nur zur Hälfte statt.

Allerdings fielen auch die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung geringer aus als zuvor geplant. Insgesamt entsteht aus den jüngsten wirtschaftspolitischen Beschlüssen ein Konjunkturimpuls für die gesamtwirtschaftliche Produktion von 0,2 Prozent. Bei Verwirklichung der ursprünglichen Absicht der Bundesregierung, die gesamte dritte Stufe ohne Gegenfinanzierung vorzuziehen, wären es 0,3 Prozent gewesen.

Unter der Annahme, dass der Kurs des Euro nahezu unverändert bleibt und die weltwirtschaftliche Dynamik etwas an Tempo verliert, werden die Exporte im Jahresverlauf 2005 nicht mehr so stark zunehmen wie 2004. Dagegen wird die Binnennachfrage mit etwas höherem Tempo expandieren. Insbesondere dürfte mit den unverändert niedrigen Leitzinsen und der verbesserten Absatzlage eine dynamischere Investitionskonjunktur in Gang kommen. Mit wieder zunehmender Beschäftigung stabilisiert sich trotz weiterer Sparmaßnahmen, die 2005 zur Geltung kommen und die privaten Haushalte merklich belasten, auch der private Verbrauch, so dass die Expansion im Jahre 2005 im Kern von der Binnenkonjunktur getragen werden dürfte.

Mit der üblichen konjunkturellen Verzögerung wird die Zahl der Erwerbstätigen erst ab der Jahresmitte 2004 wieder etwas zunehmen. Im Jahresdurchschnitt wird die Erwerbstätigkeit um 130 000 Personen sinken. Erst 2005 wird im Jahresdurchschnitt mit einer Erhöhung um 230 000 Personen (0,6 Prozent) gerechnet. Im Jahresdurchschnitt 2004 wird die Zahl der Arbeitslosen 4,3 Millionen Personen betragen und damit etwas niedriger als im Vorjahr sein. Für 2005 wird ein kräftigerer Rückgang - um 125 000 - Personen erwartet.

Das DIW Berlin mahnt eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Es plädiert dafür, dass sich die Politik nicht an einem Defizitziel orientiert, sondern sich verbindlich auf eine Ausgabenlinie festlegt. Dabei sollten die besonders konjunkturrelevanten Zuschüsse des Bundes an die Bundesanstalt für Arbeit ausgeklammert bleiben. Ein solches, weniger von Konjunktureinflüssen abhängiges Konzept sollte über mehrere Jahre angelegt sein und regelmäßig auf nationaler Ebene vom Finanzplanungsrat und auf EU-Ebene von der Kommission überprüft werden. Mit der Formulierung von Ausgabenzielen wäre die Politik leichter überprüfbar, die Zielerreichung transparenter und Verantwortlichkeiten könnten eindeutiger zugeordnet werden.

Die Lohnpolitik ist nicht geeignet, eine konjunkturelle Wende herbeizuführen. Weder ausgeprägte Lohnzurückhaltung noch markante Lohnsteigerungen führen aus der Konjunkturschwäche heraus. Empfehlenswert ist dagegen eine mittelfristig ausgerichtete Lohnpolitik, die sich an der trendmäßigen Produktivitätsentwicklung und dem Inflationsziel der EZB orientiert.

Am 07-01-2004

"Zusätzliche Anstrengungen"

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer fordert angesichts der gemeldeten 5,2 Millionen Arbeitslosen "zusätzliche Anstrengungen" für mehr Arbeitsplätze. In der "Leipziger Volkszeitung" appellierte sie laut Vorabbericht an Bund, Länder und Kommunen, "alle Finanzierungsspielräume für mehr Beschäftigung freizumachen". "Bei "Hartz IV" zeigt sich schon jetzt, dass der Kompromiss von Bundesregierung und CDU/CSU zu organisatorischen Blockaden und neuen Verschiebebahnhöfen führt, die das Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit zu senken, ernsthaft gefährdet", sagte sie. Zugleich kritisierte Engelen-Kefer die großen Unternehmensführungen. "Es ist nicht akzeptabel, dass große DAX-Unternehmen trotz riesiger Gewinne einen weiteren Beschäftigungsabbau planen", sagte sie. Notwendig sei ein Sinneswandel bei den Managern der deutschen Wirtschaft, die Gewinne in neue Beschäftigung zu investieren.

Die Gewerkschafterin forderte die Länder auf, "ihr Geschachere" um die nach der Arbeitsmarktreform "Hartz IV " den Kommunen zustehenden Gelder von 2,5 Milliarden Euro aufzugeben. "Wir brauchen dringend mehr Anstrengungen vor Ort bei der Verbesserung der Infrastruktur", sagte sie. Dringend notwendig sei auch, dass die vorhandenen Instrumente der Arbeitsmarktpolitik vollständig zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen genutzt werden, wie etwa die Lohnkostenzuschüsse. Im Osten müssten die Länder dafür sorgen, dass die rund 160 Milliarden Euro im Rahmen des Solidarpaktes II bis 2019 zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden.

Vorschlag will EU-weite Ausschreibungen vermeiden

SPD-Linke und Gewerkschaften dringen angesichts der Rekordarbeitslosigkeit auf ein milliardenschweres Konjunkturprogramm. Laut "Berliner Zeitung" setzte sich der SPD-Abgeordnete Ottmar Schreiner am Montag im SPD-Bundesvorstand für ein kommunales Investitionsprogramm in Höhe von zehn Milliarden Euro ein. Den Städten und Gemeinden solle dabei zur Auflage gemacht werden, mit diesem Geld nur Aufträge bis zu 200.000 Euro zu vergeben, um EU-weite Ausschreibungen zu vermeiden. Schreiner sagte dem Blatt, auf diese Weise könne ein Wachstumsschub von einem Prozentpunkt erreicht werden.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di schloss sich der Forderung an. Für neue Investitionen ließen sich kurzfristig auch höhere Schulden vertreten, sagte ver.di-Vize Margret Mönig-Raane.

Am 01-03-2005

Arbeitgeberforum

In seiner viel beachteten Rede vor dem Arbeitgeberforum "Wirtschaft und Gesellschaft" am 15. März 2005 in Berlin hat Bundespräsident Horst Köhler seine Vorstellungen für eine freiheitliche Wirtschafsordnung vorgestellt, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Köhlers Rezept: "Die Bürger beauftragen den Staat, die Spielregeln zu setzen. Aber das Spiel machen die Bürger. Die Regeln lauten: Privateigentum und Vertragsfreiheit, Wettbewerb und offene Märkte, freie Preisbildung und ein stabiles Geldwesen, eine Sicherung vor den großen Lebensrisiken für jeden und Haftung aller für ihr Tun und Lassen. Der moderne Sozialstaat schützt vor Not; aber er gaukelt nicht vor, dem Einzelnen den einmal erreichten Lebensstandard garantieren zu können." Mit dieser Konzeption könnten die Arbeitslosenzahlen "bald wieder sinken". Für eine Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit taugen die Vorschläge laut Köhler allerdings nicht: "Dabei müssen wir wissen, dass wir die Massenarbeitslosigkeit nicht schnell überwinden können."

Köhler beklagte in seiner Rede "hohe Lohnnebenkosten". Er verwies auf Studien, wonach es am wirkungsvollsten wäre, die Kosten der sozialen Sicherung völlig vom Arbeitsverhältnis abzukoppeln. "Die Lohnkosten sind nicht nur wegen der hohen Sozialabgaben so hoch", so Köhler. Der Bundespräsident möchte generell das Lohnniveau senken: "Mehr als die Hälfte der Lohnnebenkosten beruht auf Tarifverträgen. Zu lange wurden solche Verträge zu Lasten Dritter abgeschlossen - zu Lasten der Arbeitslosen und der Steuerzahler."

"Ich glaube, dass wir das Instrument der Lohnkostenzuschüsse noch nicht ausreichend genutzt haben", sagte Köhler. "Ich weiß, die bisherigen zaghaften Versuche haben nicht die gewünschten Erfolge gebracht. Davon sollten wir uns aber nicht entmutigen lassen, sondern in diesem schwierigen Bereich des Arbeitsmarktes weiter nach Lösungen suchen." Vorschläge hierzu - von der "aktivierenden Sozialhilfe" bis zur "Magdeburger Alternative" - lägen vor. "Ich ermutige die Arbeitsmarktpolitiker, diese Modelle zu erproben."

Es sei inzwischen anerkannt, dass es zur Sicherung von Beschäftigung vor allem auf Flexibilität ankomme, so Köhler. Die "atmenden Fabriken" in der Automobilindustrie zeigten, wie mit intelligenten Arbeitszeitmodellen die Stundenzahl der Nachfrage angepasst werden könne. "Solche und andere betriebliche Beschäftigungsbündnisse sorgen für Flexibilität. Darum ist es wichtig, ihren Abschluss zu erleichtern - sei es nun tarifvertraglich oder gesetzlich. Das sichert und schafft Arbeitsplätze und zieht Investoren an", meint Köhler.

Um Wachstum und Beschäftigung nachhaltig zu stärken, plädierte der Bundespräsident auch für eine umfassende Steuerreform. "Unser Steuersystem schreckt ab - vor allem Investoren." Es müsse von Grund auf überholt werden mit dem Ziel, die Steuersätze zu senken und die Bemessungsgrundlage zu verbreitern. Es gebe genug Erfahrungen, dass sich dadurch die Einnahmesituation des Staates sogar verbessere. Und selbstverständlich brauche der Staat solide Einnahmen. "Unser Staat hat europaweit vor allem die höchsten Unternehmensteuersätze", behauptete der Bundespräsident. Während "die Großen und die Findigen mit Billigung des Gesetzgebers" wenig Steuern zahlten, hätten die kleinen und mittleren Unternehmer die volle Last zu tragen. Für den Abbau von Subventionen verwies Köhler auf Vorschläge des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung. Anstelle der nach dem Grundgesetz vorgesehenen Verfahrensabläufe plädierte Köhler dafür, "unabhängige Experten außerhalb der Politik jeden Gesetzentwurf vor der parlamentarischen Beratung daraufhin bewerten" zu lassen, ob er Beschäftigung fördert oder sie hemmt. In jedem Fall sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um den "Bürokratieabbau" wirksam voranzutreiben.

Köhlers Fazit: "Niedrigere Arbeitskosten, ein flexibler Arbeitsmarkt, ein vernünftiges Steuersystem und deutlich weniger Bürokratie: All das wird uns helfen, unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern."

Am 16-03-2005

Arbeitslosigkeit Zeichen von Wohlstand

Statt möglichst viele Arbeitsplätze schaffen zu wollen, ist es nach Ansicht mehrerer Soziologen sinnvoller, allen Bürgern ein "bedingungsloses existenzsicherndes Grundeinkommen" zu zahlen. Arbeitslosigkeit sei kein Zeichen von Armut, sondern vielmehr ein Ausdruck gesellschaftlichen Wohlstands, so Sascha Liebermann, wissenschaftlicher Assistent an der Uni Dortmund und Mitbegründer der Initiative "Freiheit statt Vollbeschäftigung". Statt das Schaffen von Arbeitsplätzen zum Selbstzweck zu erheben, müsse der erste Zweck politischen Handelns sein, Freiheit zu ermöglichen und Leistung zu fördern - durch ein Grundeinkommen für alle. Dadurch würden alle gegenwärtigen Transfersysteme überflüssig.

Die gegenwärtige politische Auseinandersetzung um "Arbeitsumverteilung durch Arbeitszeitverkürzung" einerseits und "Schaffung eines Niedriglohnsektors" andererseits lasse sich mit einem Grundeinkommen überwinden. Der Reichtum des Landes gehe auf alle Bürger zurück, heißt es im Vorschlag der Initiative, weswegen auch alle Bürger davon profitieren sollten.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Staatsbürger - auch für Kinder - macht nach Ansicht von Liebermann alle gegenwärtigen Transfersysteme überflüssig. "Wir bedürften keiner Arbeitslosen- und keiner Rentenversicherung mehr. Bafög-Zahlungen wären ebenso überflüssig wie Kindergeld." Da jedes ihrer Mitglieder ein Grundeinkommen erhielte, wären Familien besser abgesichert als heute, so der Soziologe.

Die Sozialadministration, die den alten Systemen diene, könne abgebaut werden. Nicht das Schaffen von Arbeitsplätzen werde angestrebt, sondern radikale Automatisierung, wo immer möglich und vernünftig. Arbeitslosigkeit gäbe es nicht mehr, denn ein jeder Bürger wäre abgesichert und könne frei Initiativen entfalten.

Damit verschwänden, so Liebermann, stigmatisierende Folgen gegenwärtiger Transferleistungen: Denn das Grundeinkommen wäre ein Bürgereinkommen und keine Versorgung für den Notfall. Weder müsse ein Anspruch erworben, noch Erwerbsarbeit angestrebt werden. Sie wäre nur eine Möglichkeit unter anderen, zum Wohl des Gemeinwesens beizutragen.

Am 11-01-2006

Winterarbeitslosigkeit

Die Bundesregierung will mit einem Saison-Kurzarbeitergeld die so genannte Winterarbeitslosigkeit bekämpfen. Der am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, die bisher auf die Bauwirtschaft beschränkte Winterbauförderung zu überarbeiten und für alle saisonabhängigen Branchen zu öffnen. Bislang werden nach Ministeriumsschätzungen jährlich rund 150.000 Bauarbeiter aufgrund der Witterung im Winter arbeitslos. Da für diese Personen mit der neuen Leistung die Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit (BA) entfallen kann, erwartet das Bundesarbeitsministerium unter dem Strich keine Kostenbelastung.

Die betroffenen Firmen können bei schlechter Auftragslage von Dezember bis März das Saison-Kurzarbeitergeld beantragen. Die Arbeitnehmer erhalten dann von der BA analog zum Arbeitslosengeld 60 Prozent ihres pauschalierten Nettoentgelts, mit Kindern 67 Prozent. Die Arbeitgeber müssen für ihre Arbeitnehmer auf 80 Prozent des Gehalts Sozialversicherungsbeiträge abführen.

Nach Einschätzung des Ministeriums lohnt sich deshalb Saison-Kurzarbeitergeld nur, wenn die Tarifparteien in den Branchen freiwillig Umlagesysteme vereinbart haben. Hierfür schreibt der Gesetzgeber vor, dass aus diesen die Sozialversicherungsbeiträge an die Arbeitgeber erstattet werden müssen. Werden gesammelte Überstunden auf Arbeitszeitkonten im Winter abgefeiert, gibt es einen Bonus von bis zu 2,50 Euro je Stunde. Für jede zwischen Mitte Dezember und Mitte Februar geleistete Arbeitsstunde gibt es einen Bonus von einem Euro, jedoch höchstens für 450 Stunden.

Am 18. Jan. 2006

LINKE bezeichnet Arbeitsmarktbericht als „Falschmeldung“

„Obwohl in NRW die tatsächliche Arbeitslosigkeit im Februar 2014 inzwischen die Millionengrenze erreicht hat, meint die Geschäftsführerin der NRW-Regionaldirektion, Christiane Schönefeld, im aktuellen Arbeitsmarktbericht eine 'positive Grundtendenz' feststellen zu können. Während im Februar 2014 nach offizieller Lesart 793.388 Arbeitslose registriert sind, beträgt jedoch die effektive Arbeitslosigkeit 999.156 arbeitslose Menschen, die nach offizieller Lesart mit der Kategorie Unterbeschäftigung bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um Menschen, die zwar als arbeitslos gemeldet sind, sich jedoch in aussichtslosen Trainingsmaßnahmen bzw. Ein-Euro-Jobs befinden oder aber als Alleinerziehende oder Über-58-jährige aus der Statistik herausgerechnet werden. Mit dieser statistischen Manipulation kann die Bundesregierung Monat für Monat ihre Falschmeldungen fürs europäische Ausland als 'Modell Deutschland' verkaufen, das wie kein anderes Land 'gut durch die Krise' gekommen sei,“ erklärt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Partei DIE LINKE in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Aust, zum aktuellen Arbeitsmarktbericht.

„So ist die Arbeitslosigkeit in NRW allein von November 2013 bis Februar 2014 um etwa 50.000 Arbeitslose angestiegen, was seit Jahren nicht mehr der Fall war. Weder die Bundesregierung, noch die von SPD und Grünen geführte Landesregierung in NRW sind auch nur ansatzweise bereit, diesem gesellschaftlichen Krebsgeschwür auf den Leib zu rücken. Im Gegenteil, zum besseren Verständnis dieses politischen Skandals gehört, dass in den letzten vier Jahren bei der Arbeitsmarktpolitik bundesweit zirka 30 Milliarden Euro gekürzt wurden, was in zahlreichen Kommunen in NRW dazu geführt hat, dass die Etats der Jobcenter um zirka 50 Prozent zusammengestrichen wurden und eine aktive Arbeitsmarktpolitik im eigentlichen Sinne nicht mehr stattfindet.

Während bundesweit 2009 noch zirka 1,6 Millionen Menschen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnahmen, waren es 2013 lediglich noch zirka 850.000, was natürlich in den zahlreichen und von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Kommunen des Ruhrgebiets besonders durchschlägt. Deshalb steigt auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die der offiziellen Politik bei nahezu jeder Stellungnahme angeblich besonders am Herzen liegt, von Monat zu Monat und hat in NRW im Februar 2014 mit 53,4 Prozent an den im SGB II erfassten erwerbsfähigen Leistungsbeziehern ein Rekordniveau erreicht.

Aus alledem lässt sich nur der Schluss ziehen, dass die herrschende Allianz aus Kapital und der von ihr abhängigen Politik die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit längst aufgegeben hat und deshalb versucht, mit Placebo-Maßnahmen die Menschen ruhig zu stellen. Solange die Gewerkschaften sich dieser Politik nicht entschiedener entgegenstellen, als sie es derzeit tun, wird ein Kurswechsel in der Arbeitsmarkpolitik nicht zu erwarten sein.“

Am 04. Mär. 2014